Die Serviette, die Herta Müller an Oskar Pastior schickte

Herta Müller: Serviette
DLA Marbach, Nachlass Oskar Pastior, © Prof. Dr. Klaus Ramm

Die Serviette, die Herta Müller an Oskar Pastior schickte

Junges Museum

Hier siehst du eine weiße, 15 x 15 cm große Serviette, die ungewöhnlicherweise mit schwarzem Filzstift beschriftet wurde. Die spätere Nobelpreisträgerin Herta Müller schickte sie am 22.12.1992 an Oskar Pastior.

In der oberen Hälfte befindet sich eine kleine Zeichnung Herta Müllers, auf der sie und zwei Figuren, die sehr vereinfacht skizziert wurden, abgebildet sind. Es handelt sich laut Beschriftung um Harry, den Mann von Herta Müller, und Ernest Wichner, einen Freund von Pastior und Müller. Sie sitzen zusammen an einem Tisch, vor ihnen stehen Gläser. Uns fällt auf, dass nur das Glas von Ernest noch gefüllt ist. Was das wohl zu bedeuten hat?

Unter der Zeichnung steht eine Notiz von Herta Müller an Oskar Pastior, die folgendermaßen lautet: "Lieber Oskar, da Ernest jetzt bald zu dir geht, schicke ich Grüße voraus und morgen rufe ich dich an. Vielleicht sehen wir uns ja (wenn du Zeit hast) Herta." Es ist eine eigentlich belanglose, alltägliche Notiz, doch zeigt sie die Verbundenheit zwischen diesen vier Menschen.

Herta Müller und Ernest Wichner stammen, wie Pastior, aus Rumänien, und wohnten zu der Zeit, als die Serviette beschriftet wurde, auch alle in Berlin. Man kann sich denken, dass solche Treffen, wie in der Zeichnung dargestellt, öfter stattfanden. Im Jahr 2004 unternahmen die drei sogar eine Reise in die Ukraine, um für Müllers Roman Atemschaukel zu recherchieren. Dieser Roman basiert größtenteils auf Interviews mit Oskar Pastior über dessen Leben in einem russischen Arbeitslager.

Dir ist bestimmt schon die kleine Katze aufgefallen, die dir frech das Hinterteil entgegenstreckt. Es stellt sich die Frage, warum Herta Müller diese zeichnete. Hat sie eine bestimmte Bedeutung? Ein Hinweis, den nur Eingeweihte verstehen können? Oder ist sie einfach nur eine lustige Kritzelei?

von Hanna Küblböck und Sarah Pietrowski

Schüler-Fragen an Ernest Wichner über die Reise in die Ukraine mit Oskar Pastior