Schweden
Die schwedische Gesellschaft hätte in den Jahren 1938 bis 1940 problemlos weitere Tausende jüdische Flüchtlinge aufnehmen können […].
Der schwedische Historiker Klas Åmark 2013 über die schwedische Politik gegenüber jüdischen Geflüchteten in der Zeit des Nationalsozialismus
Die Flüchtlingspolitik im sozialdemokratisch regierten Schweden war bis weit in die Zeit des Zweiten Weltkriegs hinein rigide. Ähnlich wie in der Schweiz, erhielten die Geflüchteten oft nur ein zeitlich begrenztes Recht zum Aufenthalt. Menschen, die Deutschland aus politischen Gründen verlassen hatten, wurden von den Behörden gegenüber Jüdinnen und Juden bevorzugt, die als „Wirtschaftsflüchtlinge“ galten. 1938 drängte neben der Schweiz auch Schweden auf die Einführung eines J-Stempels in deutschen Pässen. Bis 1939 fanden nur etwa 5.000 Menschen aus Deutschland und Österreich in Schweden Schutz.
Nachdem Deutschland 1940 Norwegen und Dänemark besetzt hatte, versuchten viele, die zuvor in diese Länder geflüchtet waren, sich weiter nach Schweden zu retten. Die schwedische Flüchtlingspolitik wurde jedoch erst liberaler, als ab 1942 auch Jüdinnen und Juden mit norwegischer Staatsbürgerschaft aus dem Nachbarland deportiert werden sollten.
Da es den meisten Geflüchteten verboten war, zu arbeiten, waren sie auf die Unterstützung von Hilfskomitees angewiesen, etwa der Jüdischen Gemeinden, der Roten Hilfe oder sozialdemokratischer und gewerkschaftlicher Organisationen. Die Möglichkeiten politischer und kultureller Arbeit und Vernetzung waren anfangs gering, verbesserten sich jedoch im Verlauf des Kriegs, etwa durch die Gründung von Exilzeitschriften. 1944 wurde der Freie Deutsche Kulturbund gegründet. Die Freie Bühne, ein deutschsprachiges Exiltheater, blieb ohne Breitenwirkung.
Unter den politisch Verfolgten im schwedischen Exil waren viele Angehörige der SPD und KPD, so etwa Willy Brandt, Bruno Kreisky und Herbert Wehner. Zu den Künstlerinnen und Künstlern zählen unter anderem Ulrich Alexander Boschwitz, Bertolt Brecht, Lotte Laserstein, Maria Lazar, Nelly Sachs, Margarete Steffin, Hugo Steiner-Prag, Helene Weigel und Peter Weiss. Für die meisten von ihnen war Schweden nur eine von mehreren Stationen des Exils.
Weiterführende Literatur:
Klas Åmark: Schwedens Flüchtlingspolitik und die Flüchtlinge aus dem Deutschen Reich 1938-1945, in: Nawrocka, Irene (Hg.): Im Exil in Schweden: österreichische Erfahrungen und Perspektiven in den 1930er und 1940er Jahren, Wien: Mandelbaum-Verlag 2013, S. 26–45.
Helmut Müssener: Exil in Schweden, in: Petersen, Hans Uwe (Hg.): Hitlerflüchtlinge im Norden: Asyl und politisches Exil 1933–1945, Kiel: Neuer Malik-Verlag 1991, S. 93–121.