Kolisch-Quartett

Das Kolisch-Quartett 1936
Das Kolisch-Quartett im Garten von Arnold Schönberg am 13. September 1936, dem 63. Geburtstag des Komponisten
Arnold Schönberg Center Wien, unbekannter Fotograf

Kolisch-Quartett

Der Geiger Rudolf Kolisch stand seit 1919 in engem Kontakt zum Komponisten Arnold Schönberg. Für die Konzerte von Schönbergs Wiener Verein für musikalische Privataufführungen gründete er ein Streichquartett, das zunächst den Namen Wiener Streichquartett trug. Als sich das Ensemble 1927 neu formierte, nahm es den Namen Kolisch-Quartett an. Neben Rudolf Kolisch gehörten dem Quartett Felix Khuner (Violine), Eugene Lehner (Bratsche) und Benar Heifetz (Violoncello) an. In dieser Besetzung errang es internationale Bedeutung, vor allem für Uraufführungen zeitgenössischer Kompositionen, beispielsweise von Arnold Schönberg, Alban Berg, Anton von Webern und Béla Bartók. Aber auch für ihre Interpretationen der Quartette Beethovens war die Gruppe berühmt. 

Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme hatte es das Kolisch-Quartett, dessen Mitglieder jüdisch waren, zunehmend schwer. Die Auftrittsmöglichkeiten waren stark eingeschränkt, erschwerend kam das Repertoire des Quartetts hinzu. Viele der zeitgenössischen Komponisten waren ebenfalls verfemt. Daher nahm das Quartett ab 1935 eine ausgedehnte Reisetätigkeit auf und suchte in den USA, in Kanada und in Südamerika nach neuen Wirkungsstätten. Eine geplante Europa-Tournee sagten die Musiker nach dem Beginn des Zweiten Weltkriegs ab und ließen sich in den USA nieder. 

Das Kolisch-Quartett hatte dort keinen leichten Stand. Weitere Streichquartett-Formationen waren emigriert, so das Busch-Quartett und das Budapester Streichquartett. Beide waren in ihrer Programmgestaltung publikumswirksamer: Klassisch-romantische Werke kamen beim US-amerikanischen Publikum besser an als zeitgenössische Kompositionen. Das Kolisch-Quartett löste sich 1941 auf. Der Gründer Rudolf Kolisch geriet in eine tiefe Krise, wirtschaftlich wie emotional. Doch war diese Situation auch ein Neuanfang: Kolisch vertiefte seine musiktheoretischen Studien über den Zusammenhang von Komposition und Aufführungspraxis. 1943 entstand der noch heute bahnbrechende Aufsatz Tempo and Character in Beethoven’s Music. 

Weiterführende Literatur:
Fetthauer, Sophie: Personenbeitrag Rudolf Kolisch in: Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit. Hamburg 2005. Online-Ressource. www.lexm.uni-hamburg.de/object/lexm_lexmperson_00001294
Kolisch, Rudolf: Tempo and Character in Beethoven’s Music, in: the Musical Quarterly, Vol. 29, No. 2 (April 1943), S. 169-187
Türcke, Berthold: Zur Theorie der Aufführung – Kolisch, Rudolf. München: Edition Text und Kritik 1983

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