Das Internierungslager Rieucros

Zeichnung: Internierungslager Rieucros
Innenansicht einer Baracke im Internierungslager Rieucros, aus: Gezeichnetes Tagebuch Mes aventures de guerre 1. Sept. 1939-? von Dora Benjamin, Mende/Brens, 1939 – 1942 Farbstift, Tinte, 18 x 21,5 x 1 cm
Jüdisches Museum Berlin, Inv.-Nr. 2017/167/273, Schenkung von Peter Schaul

Das Internierungslager Rieucros

Keine weiß, was sie verbrochen / keine weiß, warum sie hier.

Aus einem Liedtext von Steffie Spira und Gertrud Rast, auf die Melodie des Lieds Wir sind die Moorsoldaten, Rieucros, März 1940


Mehrere Monate, bevor die Internierung von „feindlichen Ausländern“ in Frankreich auch auf Frauen ausgeweitet wurde, internierten die französischen Behörden im Lager Rieucros nahe der Kleinstadt Mende ab Oktober 1939 Ausländerinnen, die sich angeblich politisch besonders verdächtig gemacht hatten. Auch einige Emigrantinnen, die vor nationalsozialistischer Verfolgung nach Frankreich geflüchtet waren, kamen in das Lager. Darunter waren die Schauspielerinnen Steffie Spira und Marina Strasde, die Zeichnerin und Kostümbildnerin Sylta Busse und die Schriftstellerin Lenka Reinerová.

Das Zusammenleben auf engstem Raum, bei dem jeder Frau nur eine Pritsche von 75 Zentimetern Breite zur Verfügung stand, die immer schlechter werdende Ernährungslage und die Ungewissheit über ihre Zukunft waren psychisch und körperlich belastend. Erst nach mehreren Monaten fanden die Internierten Unterstützung durch Hilfsorganisationen, die sich anfangs gescheut hatten, die vermeintlich besonders gefährlichen Frauen zu betreuen.

Als sogenannte „Unerwünschte“ hatten die Frauen in Rieucros einen besonderen bürokratischen Status. Es war ausgeschlossen, dass sie entlassen würden, um weiter in Frankreich zu leben. Sie mussten eine Auswanderungsmöglichkeit finden. Doch wegen der Niederlage und Teilung Frankreichs im Juni 1940 und den zunehmend restriktiver werdenden Einwanderungsbedingungen der möglichen Zufluchtsländer, vor allem der USA, war dies für viele unmöglich. Ab 1941 wurden diejenigen, die Fortschritte bei ihren Auswanderungsbemühungen nachweisen konnten, nach Marseille in das Internierungszentrum „Hotel Bompard“ überstellt.
Im Februar 1942 wurde Rieucros geschlossen und die Frauen in das Lager Brens verlegt. Viele der dort Internierten wurden ab August 1942 über Drancy nach Auschwitz deportiert.

Weiterführende Literatur:
Eggers, Christian: Unerwünschte Ausländer. Juden aus Deutschland und Mitteleuropa in französischen Internierungslagern 1940-1942. Berlin: Metropol 2002
Gilzmer, Mechthild: Fraueninternierungslager in Südfrankreich. Rieucros und Brens 1939-1944. Berlin: Orlanda 1994

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