Hilfsorganisationen
In der Zeit des Nationalsozialismus gab es viele Hilfsorganisationen, die Flucht- und Flüchtlingshilfe für Emigranten leisteten. Sie arbeiteten auf internationaler, nationaler oder regionaler Ebene und waren oft religiös, zionistisch oder (partei-)politisch motiviert. Einige engagierten sich für spezielle Zielgruppen, beispielsweise Kinder und Jugendliche, Wissenschaftler oder Künstler. Manche Initiativen bestanden bereits seit dem 19. Jahrhundert und hatten schon bei früheren Fluchtbewegungen oder sozialen Notlagen Hilfestellung geleistet.
Einige Hilfsorganisationen unterstützten – von Deutschland oder vom Exilland aus – explizit bei der Flucht. Sie boten berufliche Umschulungen, informierten über Emigrations- bzw. Fluchtwege, beschafften Reisedokumente und Fahrkarten und vermittelten Arbeitsmöglichkeiten im Aufnahmeland. Andere Initiativen leisteten Flüchtlingshilfe im Exilland selbst und halfen bei der beruflichen und sozialen Integration. Viele dieser Organisationen arbeiteten vor Ort zusammen. Sie knüpften Kontakte in Politik, Wirtschaft und Kulturleben, um auf die Situation der Verfolgten aufmerksam zu machen, Spenden zu sammeln und einflussreiche Unterstützer zu gewinnen.
Zu den zionistisch orientierten Hilfsorganisationen zählen die HICEM sowie die Kinder- und Jugend-Aliyah. Als bedeutende jüdische Hilfsorganisationen sind unter anderem zu nennen das American Jewish Joint Distribution Committee sowie die Vereinigung B’nai B’rith. Diese beiden Organisationen unterstützten die Verfolgten zunächst vorrangig in ihren europäischen Heimat- oder Exilländern. Erst unter den sich verschärfenden Bedingungen für die Verfolgten in Europa wandten sie sich verstärkt der praktischen Fluchthilfe zu.
Von Deutschland aus agierte die Reichsvertretung Deutscher Juden. Für politische Flüchtlinge arbeiteten z. B. die Sozialdemokratische Flüchtlingsfürsorge und die Internationale Rote Hilfe. Die Kirchen unterhielten u. a. das Caritas-Notwerk und das Büro Pfarrer Grüber. Auch Quäker und Unitarier leisteten praktische Fluchthilfe.
Mit dem Fokus auf Künstler und Intellektuelle arbeiteten das Emergency Rescue Committee, die American Guild for German Cultural Freedom und der Deutsche PEN-Club im Exil („Exil-PEN”). Der Hilfe für verfolgte Wissenschaftler widmeten sich u. a. das Emergency Committee in Aid of Displaced German/Foreign Scholars, der Academic Assistance Council, die Notgemeinschaft deutscher Wissenschaftler im Ausland sowie auch mehrere private Stiftungen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg unterstützten einige der Hilfsorganisationen die Emigranten bei der Rückführung in ihre Herkunftsländer oder halfen in Europa den aus den Konzentrationslagern befreiten Menschen.
Weiterführende Literatur:
Erichsen, Regine: Fluchthilfe. In: Krohn, Claus-Dieter u. a. (Hg.): Handbuch der deutschsprachigen Emigration 1933-1945. Darmstadt: Wiss. Buchgesellschaft 2008, S. 62-81