Bücherverbrennung 1933
Bücherverbrennung 1933
Ich schätze alle Schriftsteller, die vom III. Reich verbrannt worden sind, selbst jene unter ihnen, die mir vorher fremd waren. Denn das Feuer hat sie geläutert, veredelt und mir nahegebracht.
Joseph Roth, Unsere Zeit, 1935
Nur drei Monate nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten brannten am 10. Mai 1933 in vielen deutschen Städten Bücher. Listen des Bibliothekars Wolfgang Herrmann, ursprünglich für die Neuordnung der Berliner Stadt- und Volksbüchereien gedacht, waren Grundlage der Vorbereitungen dieser Aktion.
Maßgeblich geplant und durchgeführt wurde die „Aktion wider den undeutschen Geist“ vom Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund in Zusammenarbeit mit einer Reihe von anderen Organisationen und Institutionen. Eine Plakataktion, ein Professorenboykott, erste „wilde“ Bücherverbrennungen und eine reichsweite Sammlung hatten den Weg bereitet, alles „Undeutsche“ aus dem Privaten und Öffentlichen zu verbannen.
Auf den Listen aufgeführt wurden vor allem Werke marxistischer, jüdischer und pazifistischer Autoren. Zu den 131 Namen gehörten Bertolt Brecht, Hermann Essig, Lion Feuchtwanger, Rudolf Geist, Erich Kästner, Maria Leitner, Max Mohr, Ludwig Renn, Joseph Roth, Anna Seghers, Kurt Tucholsky, Alex Wedding, Arnold Zweig und viele andere. Als „Höhepunkt“ der Aktionen, die überall im Reich stattfanden, galt die groß inszenierte Bücherverbrennung auf dem Opernplatz in Berlin. Am Abend des 10. Mai hielt Joseph Goebbels eine „Feuerrede“. In zwölf Thesen wurden „Feuersprüche“ gerufen. Vor großem Publikum warfen Studenten Bücher ins Feuer. Viele Zeitungen hatten vorher dafür geworben und danach euphorisch berichtet. Proteste blieben weitgehend aus.
Für viele Autoren war die Bücherverbrennung der Beginn eines gewaltsamen und unwiderruflichen Risses in ihrem Leben und Schaffen. In vielen Fällen folgten Haft, Folter, Flucht und das Exil. Andere, denen die Ausreise nicht gelang, wurden deportiert und ermordet. Viele nahmen sich aus Verzweiflung das Leben.
Nach 1945 setzte mit einer schleppenden Aufarbeitung der Vergangenheit auch ein Erinnern an die verbrannten und verfemten Bücher und an ihre Autoren ein. Der Journalist Jürgen Serke suchte 1975 für sein Buch Die verbrannten Dichter zahlreiche Überlebende auf. „Zu jedem Buch gibt es eine Geschichte.“ (in: Weidermann: Das Buch der verbrannten Bücher, 2008) Diesem Kommentar von Georg P. Salzmann, dessen große Sammlung verbrannter Bücher seit 2009 öffentlich zugänglich ist, lassen sich viele Geschichten anschließen.
Weiterführende Literatur:
Kantorowicz, Alfred / Drews, Richard: Verboten und verbrannt. Deutsche Literatur 12 Jahre unterdrückt. Berlin / München: Ullstein / Kindler 1947 (Kindler Verlag, München 1983)
Schöffling, Klaus: Dort wo man Bücher verbrennt. Stimmen der Betroffenen. Frankfurt: Suhrkamp Verlag 1983
Serke, Jürgen: Die verbrannten Dichter. Lebensgeschichten und Dokumente. Weinheim / Basel: Beltz & Gelberg 1992
Treß, Werner (Hg.): Verbrannte Bücher 1933. Mit Feuer gegen die Freiheit des Geistes. Bonn: Verlag Bundeszentrale für politische Bildung 2009
Weidermann, Volker: Das Buch der verbrannten Bücher. Köln: Verlag Kiepenheuer & Witsch 2008