Ausbürgerung

Ausbürgerungsliste, Deutscher Reichsanzeiger, 5. September 1938
Liste von 48 Ausbürgerten und ihrer Angehöriger, darunter Willy Brandt mit seinem bürgerlichen Namen, Herbert Frahm
Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger, Ausgabe vom 5. September 1938, Staatsbibliothek zu Berlin

Ausbürgerung

Zum Bürger eines bestimmten Staates wird man entweder durch Herkunft oder durch ein bürokratisches Aufnahmeverfahren. Ein Bürger ist in der Regel mit bestimmten Rechten wie beispielsweise Wahlrecht und dem Recht auf Freizügigkeit ausgestattet. Wird ein Mensch „ausgebürgert“, verliert er diese Rechte zusammen mit seiner Staatsangehörigkeit und kann des Landes verwiesen werden. 

In Deutschland hatten erstmals 1919 alle Einwohner die vollen Bürgerrechte erhalten. Die Nationalsozialisten schufen sich schon im ersten Jahr ihrer Regierungszeit 1933 die Möglichkeit, die Ausbürgerung für ihre Zwecke zu nutzen: Aufgrund des „Gesetzes über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit“ vom 14. Juli 1933 konnten zum einen die ab der Novemberrevolution 1918 eingebürgerten jüdischen Zuwanderer aus dem Osten wieder ausgebürgert werden. Zum anderen wurden oppositionelle Politiker und Künstler, die sich bereits im Exil im Ausland befanden, ausgebürgert, ihr in Deutschland verbliebenes Vermögen wurde beschlagnahmt. Die Bekanntgabe erfolgte über Personenlisten, die im „Deutschen Reichsanzeiger“ veröffentlicht wurden. Insgesamt wurden bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs in 359 Listen 39.006 Deutsche ausgebürgert.

In den ersten Jahren der nationalsozialistischen Diktatur war die Ausbürgerung vor allem ein Instrument für die Verfolgung politischer Gegner. Bei der Vertreibung, Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden diente die Aberkennung der Staatsangehörigkeit dazu, sich am Vermögen der Deportierten zu bereichern. Die „Elfte Verordnung zum Reichsbürgergesetz“ vom 25. November 1941 regelte, dass jüdische Deutsche ihre Staatsangehörigkeit automatisch verloren, wenn sie bei der Deportation die deutsche Staatsgrenze passierten, ihr zurückgelassener Besitz fiel automatisch an den Staat.

Nach 1945 wurden auch in der DDR Menschen ausgebürgert, die der Regierung kritisch gegenüberstanden. Ein prominenter Fall war der des Liedermachers Wolf Biermann 1976. Proteste von Künstlerkollegen zogen weitere Ausbürgerungen nach sich. Auch wurden inhaftierte politische Gefangene gezwungen, ihre Ausbürgerung selbst zu beantragen.
In der Regel wurden diese des Landes verwiesenen Menschen von der Bundesrepublik Deutschland aufgenommen, in der Ausbürgerungen mit Einführung des Grundgesetzes seit 1949 verboten sind.

Die Zugehörigkeit zu einem Staat ist gegenwärtig nicht immer eindeutig. So regelt in Deutschland das Staatsangehörigkeitsgesetz beispielsweise auch doppelte Staatsbürgerschaften.

Viele Flüchtlinge werden auch heute noch mit ihrer Flucht zu Staatenlosen, auf der Suche nach einem Aufnahmeland.

Weiterführende Literatur:
Robert Grünbaum: Wolf Biermann 1976: die Ausbürgerung und ihre Folgen. 2., überarb. Aufl. Erfurt: Landeszentrale für politische Bildung Thüringen, 2011 Alexander Stephan: Überwacht. Ausgebürgert. Exiliert. Schriftsteller und der Staat. Bielefeld: Aisthesis-Verlag 2007
Michael Hepp (Hrsg.): Die Ausbürgerung deutscher Staatsangehöriger 1933-1945 nach den im „Reichsanzeiger“ veröffentlichten Listen. Saur Verlag, München 1985 (3 Bände)

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