Foto: Bruno Walter
Zeichnung von Benedikt Fred Dolbin, Bruno Walter dirigiert Klavierkonzert mit Myra Hess
Institut für Zeitungsforschung Dortmund © VG Bild-Kunst, Bonn 2015

Musik

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurden zahlreiche Musiker durch Berufsverbote aus ihren Positionen gedrängt. Da Orchester und Opernhäuser in Deutschland vielfach staatliche Einrichtungen waren, war es für die Machthaber relativ leicht, sich einen Überblick über jüdische und politisch unliebsame Musiker zu verschaffen. Das gleiche gilt für Musikhochschulen und Universitäten. Bis heute sind rund 4.000 Musiker bekannt, die aus Deutschland emigrierten.

Musik wird vielfach der Charakter einer „universellen Sprache“ zugeschrieben, die man überall auf der Welt versteht. Ist das wirklich so? Welche Erfahrungen machen Musiker, die ihr Heimatland verlassen müssen und ins Exil gehen? Wie gestalteten sich Karrieren von Solisten, Orchestermusikern oder Sängern im Exil? 

Viel hing davon ab, in welches Land die Musiker gingen und welche Strukturen eines Musikbetriebs sie dort vorfanden, wie sie sich diesen Strukturen durch den Aufbau neuer Netzwerke und Kontakte anpassen konnten und wollten. Die USA, England und Frankreich boten Emigranten ein exzellent ausgebautes Musikwesen, was andererseits aber auch bedeutete, dass hier eine große Konkurrenz herrschte. Nicht überall empfing man die sehr gut ausgebildeten Instrumentalisten und Sänger aus Deutschland oder Österreich mit offenen Armen. In England und Frankreich hatten Musiker mit Arbeitsverboten zu rechnen, die ihnen, bei aller Ähnlichkeit eines Publikumsgeschmacks, die Ausübung ihres Berufs im Exil erschwerten und manchmal unmöglich machten.

In Ländern wie Japan, der Türkei oder in Südamerika waren emigrierte Musiker hingegen oftmals äußerst willkommen, konnten sie in diesen Ländern doch helfen, einen am europäischen Musikgeschmack orientierten Musikbetrieb erst aufzubauen. In Kanada war es ein Emigrant, der das Opernwesen etablierte, in Palästina entstand durch die Gründung und das Engagement von Emigranten das erste Symphonieorchester. Andere Musiker in diesen Ländern wiederum, die nicht an solchen Aufbauprojekten mitwirken konnten, mussten ihre Karrieren aufgeben und lebten nicht selten in Armut.  

Wie wirkt sich das Exil auf die künstlerische Produktion von Komponisten aus? Gab es eine bewusste Auseinandersetzung mit dem Thema in den Werken? Gibt es gar eine Exilmusik? Es gibt Kompositionen, in denen sich ein direkter Bezug auf Flucht und das Leben im Exil erkennen lässt, in anderen hingegen fanden die Lebensumstände in der Fremde, die erlittene Verfolgung eher unterschwellig Eingang. Viele im Exil entstandene Werke blieben aber von diesen Bezügen ganz frei. Von einer Exilmusik kann man daher nicht sprechen. Auch der Abbruch oder die Weiterführung von Schaffenslinien lässt sich bei unterschiedlichen Komponisten nicht einheitlich beurteilen. Verstand sich ein Komponist in Deutschland etwa als politischer Künstler, so brach durch das Exil unter Umständen das Ziel seiner ästhetischen Auseinandersetzung und Produktion weg. Für einen Komponisten der Moderne hingegen, dessen Musik in Deutschland schon vom breiten Publikum mit Vorbehalten bedacht worden war, war die Ablehnung seiner Kompositionen durch ein Publikum mit ähnlichen Vorlieben im Exil unter Umständen nichts Neues und Exilspezifisches. 

Exilierte Musiker der Gegenwart – Komponisten wie Instrumentalisten oder Sänger – stehen vor ähnlichen Problemen, doch anders als in der Zeit von 1933 bis 1945 sind elektronische Medien, eine höhere Mobilität und der Reiz eines stilistischen Cross-over Faktoren, die exilierte Musiker anregen und auch eine hohe Attraktivität für das Publikum im Aufnahmeland haben.

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