Darstellende Kunst
Zu den darstellenden Künsten gehören das Theater, das Musiktheater, der Tanz, die Kleinkunst wie etwa Kabarett und Bereiche der Konzeptkunst (Performance). Wie fassen Künstler aus diesen Bereichen Fuß unter den Bedingungen des Exils, in anderen Ländern, in anderen kulturellen Umgebungen, in anderen Sprachen? Unter welchen Voraussetzungen kann ein Neuanfang im Exil gelingen? Welche Auswirkungen das Exil auf Künstler hat, die im Bereich der darstellenden Kunst tätig sind, hängt einerseits von der Kunstform ab und andererseits von den Arbeits- und Produktionsbedingungen und dem Publikumsgeschmack in dem jeweiligen Aufnahmeland.
Gingen in den ersten Jahren des Nationalsozialismus darstellende Künstler vor allem nach Österreich, in die Schweiz und in die Tschechoslowakei, wo es die sprachliche Barriere nicht gab, so bedeutete dies in den wenigsten Fällen jedoch, dass die Künstler weiterhin in ihrem angestammten Beruf gleichermaßen erfolgreich arbeiten konnten. In Österreich hatte man große politische Vorbehalte, Schauspieler aus Deutschland zu engagieren. Viele benutzten den neuen Wohnort daher als Ausgangspunkt für punktuelle Engagements in unterschiedlichen Städten und Ländern. In der Schweiz entwickelte sich überraschend eine kleine Privatbühne zu einem Ort, an dem prominente emigrierte Schauspieler, Autoren, Regisseure und Bühnenbildner arbeiten konnten und ein profiliertes Programm schufen.
In einem Exilland wie Palästina, in dem die deutsche Sprache verpönt war, blieb Theaterschaffenden nichts anderes übrig, als Hebräisch zu lernen. Nur wenigen gelang dort die Fortsetzung ihrer Karriere. Anders in den USA oder England, wo einige prominente exilierte Schauspieler in der Fremdsprache beinahe nahtlos an ihre Erfolge in Deutschland anknüpfen konnten.
Doch nicht nur Tänzer, die bei der Ausübung ihrer Kunst weniger mit dem Problem der fremden Sprache konfrontiert sind, und Schauspieler waren betroffen, sondern beispielsweise auch Choreographen, Regisseure, Bühnenbildner und Autoren. Sie brachten angestammte Regiekonzepte, eine bestimmte Bühnenästhetik und beispielsweise politische und gesellschaftskritische Themen mit ins Exil, die zwar bei einem aus Emigranten bestehenden Publikum – vielfach in Kleinkunsttheatern, die von Emigranten gegründet worden waren – Selbstbehauptungswillen und Zusammenhalt stärken konnten, aber langfristig oftmals am Publikumsgeschmack des Exillandes scheiterten.