11 Fragen an Dana Ranga und ihre Antworten
11 Fragen an Dana Ranga und ihre Antworten
1. Woher und wie gut kannten Sie Oskar Pastior?
Herrn Pastior hatte ich einmal fürs Radio befragt, im Jahr 2005. Davor kannte ich ihn aus der Ferne, ich hatte ihn einige Male vorlesen gehört.
Aus dem Interview entstand ein Hörspielfragment für die Lange Nacht-Sendung des Deutschlandradio über rumänische Kultur. Und eine kleine Lesung einiger der frühen Gedichte, auch für das Aufnahmegerät.
2. War die Schachtel explizit an Oskar Pastior gerichtet?
Ohne Sie und Ihre Kollegen hätte ich selbst nicht erfahren, dass die Schachtel sich in Oskar Pastiors Besitz befand. Geschweige denn in Marbach. Ich hatte einige Exemplare auf einer Ausstellung und nach einer meiner Lesungen verkauft, alles im Jahr 2001. Vielleicht drei bis vier aus zehn. Da mag jemand die Schachtel weitergegeben haben. Und da dieses Objekt 2001 entstanden ist, kann man nicht wissen, wann es zu Oskar Pastior gelangte. Ich weiß auch nicht, ob es ihm gefallen hat. Er hat mich jedenfalls während des Interview-Treffens nicht darauf angesprochen.
3. Aus welchem Grund haben Sie die Schachtel gebastelt?
Ich wollte ein "book-in-progress" herstellen, und da eignen sich Gedichte besonders gut. Falls sich der Leser für die Gedichte entscheidet und sie nicht vernichtet (also verbrennt, daher die Streichhölzer), kann der Schachtel immer wieder etwas Neues hinzugefügt oder entnommen werden. Also weitere Gedichte einschließen oder ausschließen. Dann bleibt der Leser mit dem Autor in Kontakt.
4. Warum haben Sie den Titel "Vielleicht oder Nein" gewählt?
Ich musste immer Entscheidungen treffen, schon als Kind, in ziemlich brenzligen Situationen. Als ich nach Deutschland kam, 1988, beeindruckte mich die Lässigkeit, mit der manche junge Leute (damals war ich 23) Dinge einfach fließen ließen. Sie trafen oft keine Entscheidungen, ließen sich eher treiben. Das hat mich ganz schön beschäftigt. Ich hörte oft "vielleicht" oder "keine Ahnung". Als ob man sich nicht festlegen wollte. Sehr selten kam ein klares Ja. Aber das "Nein" – also Ablehnung – kam öfter vor. So kam ich auf den Titel.
5. Wie stehen die Streichhölzer und die Rollen in Verbindung?
Man kann die Gedichte, wenn man sie nicht mag, einfach verbrennen. Ich war damals für klare, harte Schnitte. Entweder-Oder. Und Hundert-Prozent. Heute können es mal 99% sein ...
6. Warum wurden die Rollen noch nie geöffnet und wieso dürfen sie gerade jetzt von uns geöffnet werden?
Vielleicht wurden sie ja geöffnet, wer weiß. Ich war jedenfalls dafür, als ich das Objekt schuf.
7. Haben Sie die Schachteln bestimmten Personen geschenkt, wenn ja, warum?
Die Schachteln habe ich verkauft. Ich bin Lyrikerin, ich möchte davon leben und meine Gedichte unter die Leute bringen. Und auf welchen Wegen auch immer – es funktioniert, man sieht es, früher oder später!
8. Wer hat die anderen neun Schachteln?
Ich kannte die Käufer nicht. Es waren Besucher der Ausstellung oder der Lesungen. Die anderen Exemplare sind in meinem Besitz.
9. Wer ist C. (als ich ihn zum letzten Mal sah, trug er ein weißes Hemd ohne Krawatte)?
C. war einmal mein bester Freund, wie ich dachte. Während meiner Studienzeit. Er hat sich umgebracht, mit 24. Das Drama war, dass ich nicht wusste, in was für Schwierigkeiten er steckte. Er muss depressiv oder manisch-depressiv gewesen sein; im Nachhinein betrachtet, habe ich verstanden, dass er nur die "gute" Zeit mit mir verbrachte. Er verschwand immer, wenn es ihm schlecht ging und entzog sich jedem Kontakt. Erst nach seinem Tod habe ich seine Abenteuer aufgeklärt und auch geholfen, die Todesursache zu belegen und zu verstehen. Seit dem spätestens weiß ich, dass Kommunikation für mich in Beziehungen am wichtigsten ist. Das kann man auch auf die Schachtel beziehen – man sollte mit den Menschen, die einen interessieren, in Verbindung bleiben ... Mit aller Beharrlichkeit, weil Freundschaft etwas sehr Kostbares ist. Was die Schachtel angeht – ich hatte mir ja gewünscht, dass die Käufer und Leser der Gedichte mit mir in Kontakt treten oder bleiben würden. Leider geschah das bisher aber nicht. Oder auf irgendeine Weise doch? Sie und Ihre Freunde haben die Schachtel ja entdeckt und mit mir Kontakt aufgenommen! Das freut mich sehr. Und dass Sie ausgerechnet das "C." Gedicht ausgesucht haben.
10. Wie haben Sie das Etikett auf der Schachtel angefertigt?
Der Titel ist ein Stempelaufdruck. Ich bin mit einem Künstler verheiratet, Peter Hintz. Er hat den Stempel entworfen und herstellen lassen.
11. Steht unter den Gedichten der Titel oder ein Fazit? Wenn es ein Titel ist, warum steht er unter dem Gedicht?
Der Titel meiner Gedichte steht immer als Abschluss darunter. Es ist auch eine Art Markenzeichen, eine sich immer verändernde Unterschrift. Manchmal ist sie auch ein Kommentar, eine Auflösung oder ein neues Element, das eine weitere Perspektive eröffnet und den Leser auffordert, sich Gedanken zu machen. Inspiriert vom angeschnittenen Thema.