Mascha Kaléko: Notizen
DLA Marbach, Nachlass Mascha Kaléko, © Gisela Zoch-Westphal

Heimatlosigkeit

Junges Museum

Links siehst Du das Gedicht „Notizen“ von Mascha Kaléko, das sie 1974 verfasste - ein Jahr vor ihrem Tod. Im Alter von 67 Jahren erinnerte sie sich an ihre Kindheit, die nicht immer glücklich war. Als Mascha sieben Jahre alt war, flüchtete ihre Familie aufgrund des Ersten Weltkriegs von West-Galizien nach Deutschland. Ihre Eindrücke als Kind beschreibt sie in ihrem Gedicht: „Dunkel und Flüstern und Fliehen/ Und atmen dass keiner dich hört/ Und immer fremdere Nachbarn/ Und andere Dialekte“. Mit dieser Flucht beginnt ihre lebenslange Heimatlosigkeit.

Wenn Du ihr Gedicht liest, fällt Dir bestimmt auf, dass Mascha Kaléko die Fremde, die mit ihrer Flucht verbunden ist, als kalt und trostlos beschreibt. Außerdem schreibt sie davon, dass die Brücken hinter ihr verbrannt sind. Vielleicht bezieht sie sich an dieser Stelle auch auf ihre Emigration. Mascha Kaléko war Jüdin und musste 1938 vor den Nationalsozialisten fliehen. Sie wanderte nach New York aus. Meiner Meinung nach möchte die Autorin mit den verbrannten Brücken auch ausdrücken, dass eine Rückkehr in ihre Heimatstadt Berlin, wo sie von 1918 bis 1938 lebte, wegen der Nationalsozialisten völlig unmöglich war.

Wir finden, Mascha Kaléko beschreibt ihre Gefühle und Eindrücke in ihren Gedichten sehr gut, so dass man alles gut nachvollziehen kann, auch wenn man noch nie, wie sie, seine Heimat plötzlich verlassen musste. Uns gefällt vor allem der Ausdruck „das feindliche Bett im Nirgendwo“, da man sich in seinem Bett sonst immer wohl, geborgen und zuhause fühlt. Sie hingegen empfindet es als gefährlich und angsteinflößend.

Sehr beeindruckend finden wir, dass Mascha Kaléko in ihrem Gedicht so offen über ihre Angst vor dem Unbekannten spricht. Stell Dir einmal vor, Du müsstest von heute auf morgen Deine Heimat und Deine Familie verlassen und in ein fremdes Land flüchten. Würdest Du in so einer Situation auf die Idee kommen, Gedichte über Deine Gefühle und Ängste zu schreiben? Wohl eher nicht. Aber genau das finden wir so bemerkenswert an ihren Gedichten, dass sie in dieser schlimmen Lage trotzdem weitergeschrieben und an ihren Gedichten festgehalten hat.

Hier siehst du das Manuskript zu Mascha Kalékos Gedicht „Die Fremde ist ein kaltes Kleid“. Ich finde, ihre Handschrift kann man recht gut lesen. Versuche doch einmal selbst, die Zeilen zu entziffern!


von Anna Eisenmann und Ramona Clauß