Rezeption des Themas Exil in den Künsten

Buchcover: Michael Lentz
Michael Lentz: Pazifik Exil, 2007
© Fischer Verlag, Gestalter des Umschlags: Gundula Hißmann und Andreas Heilmann, Hamburg

Rezeption des Themas Exil in den Künsten

Der französische Performance-Künstler Gilles Welinski ließ sich im Januar 2013 in Hamburgs Innenstadt drei Tage lang in einen Container einsperren. Zeitlich begrenzt von 12 bis 20 Uhr lieferte er sich den Blicken der Passanten aus, die ihn durch Gucklöcher beobachten konnten. In dieser künstlerischen Aktion mit dem Titel Exil, die das Hamburger Thalia-Theater präsentierte, setzte sich Welinski mit den Gefühlen von Exilanten auseinander: Was bedeutet es, heimatlos zu sein und in der Fremde angestarrt zu werden? Was bedeutet es, nicht willkommen zu sein? Was bedeutet es, Wurzeln und Bezüge der Identität zu verlieren? Gefangensein und Kontrollverlust, Angst, Verzweiflung und Sprachlosigkeit werden in Welinskis künstlerischer Arbeit zu Ausdrucksgesten.

Die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Phänomen des Exils zeigt die Konfliktlinien zwischen unfreien Staaten und Personenschicksalen auf, die aus der Unfreiheit erwachsen. Künstler nähern sich den Fremdheitserfahrungen und Traumata an, denen Menschen im Exil ausgesetzt waren oder sind, aber auch der Notwendigkeit des Neubeginns und der Anpassung bzw. der gegenseitigen Annäherung in neuer kultureller Umgebung. In der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur gibt es Beispiele, das Exil zur Erzählfolie für Romanhandlungen wird. Lebensverhältnisse der Emigration werden in der Kunst zu allgemeingültigen Modellen der Fremdheit und Vertreibung. Als politisches Leitmotiv erscheint häufig die Kritik an der Unterdrückung der Meinungsfreiheit und der Freiheit der Kunst. Ein weiteres Motiv ist, Exil dokumentarisch im Sinne einer Zeugenschaft zu verarbeiten. Filme bedienen sich des Themas, sei es im Dokumentargenre oder auch in Spielfilmen: Einzelschicksale, die verbunden sind mit politischen Themen, bieten die Möglichkeit einer Identifikation mit Personen und einer Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Umständen, in die sie geraten sind.

Gegenwartskünstler wählen das Thema Exil aus verschiedenen Perspektiven zu ihrem Gegenstand: sei es als herausgehobenen Stoff der Kultur- und Gesellschaftsgeschichte, der einer kritischen Aufarbeitung bedarf, sei es als Darstellung menschlicher Schicksale im Zeichen der Migration.

Exil war und ist aber auch beim unmittelbar betroffenen Künstler Anlass, sich mit der persönlichen Situation des eigenen Exils auseinanderzusetzen. Das betrifft Künstler, die ab 1933 Deutschland verließen ebenso wie Künstler, die heute in einem fremden Land Zuflucht suchen.

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