Samba
Samba
Als Siebenjähriger besuchte ich eine Probe von „Samba“ im „Theater in der Josefstadt“ und war erstaunt, das Interieur eines Hotels im brasilianischen Dschungel samt Personal und Gästen ins kalte, graue Wien der Nachkriegszeit verpflanzt zu sehen.
Martin Roda Becher, Dauergäste. Meine Familiengeschichte, 2000
Die Jahre des brasilianischen Exils haben Ulrich Bechers Werk nachhaltig geprägt, dabei war der Eindruck keineswegs nur positiv. In drei Texten kommt seine ambivalente Haltung zu seinem temporären Zufluchtsland zum Ausdruck: Samba (1949), Brasilianischer Romanzero (1962) und Makumba (1965). Das Schauspiel Samba, das 1951 im Theater in der Josefstadt, Wien, uraufgeführt, 1950 als Textbuch bei Felix Bloch Erben, 1957 bei Rowohlt in dem Erzählungsband Spiele der Zeit veröffentlicht und 1966 verfilmt wurde, zeigt Brasilien als Europa im Urwald, wie Ulrich Becher einen Kommentar zum Stück überschrieben hat. Die Handlung spielt 1941-43 in der Lobby eines heruntergekommenen Hotels in einer „Kleinstadt des mittelbrasilianischen Orgelgebirges“. Das Stück hat autobiografische Züge. In der brasilianischen Diktatur des Vargas-Regimes zu politischer Untätigkeit verurteilt, gerät der Protagonist Julius Kornau in einen inneren Konflikt. Für die Lösung komponierte Ulrich Becher zwei unterschiedliche Schlussakte. In der in „Spiele der Zeit“ abgedruckten Version entscheidet sich die Hauptfigur für den politischen Kampf gegen den Nationalsozialismus, im Textbuch Felix Bloch Erben bleibt er bei seiner schwangeren Frau. Im August 1965 notierte Becher: „Im Rowohlt-Buch SPIELE DER ZEIT ist der 3. Akt in der Urfassung enthalten, darum unbrauchbar, das Textbuch Bloch-Erben-U.E. gilt […]“.
Weiterführende Literatur:
Marlen Eckl: Zuflucht in den Tropen. Das deutschsprachige Exil in Brasilien. In: Deutschsprachige Exilliteratur seit 1933. Bd. 3 USA, Supplement 1, S. 337-390.
Izabela Maria Furtado Kestler: Die Exilliteratur und das Exil der deutschsprachigen Schriftsteller und Publizisten in Brasilien, Frankfurt am Main, 1992.