Ulrich Becher: Familie auf schwebendem Teppich
Ulrich Becher: Familie auf schwebendem Teppich
Diese eindrückliche Zeichnung Ulrich Bechers kommentiert Martin Roda Becher im Oktober 2020 folgendermaßen: „Das Bild zeigt den Maler, den zu diesem Zeitpunkt etwa zwanzigjährigen Ulrich Becher, mit Vater Richard, Mutter Elise, dem jüngerem Bruder Rolf und dem Hirtenhund Paul auf einem schmalen Teppich schwebend, der wie in einen mehrdimensionalen Raum hinein geschnitten ist – zwischen einem Diesseits und einem Jenseits, einem Himmel mit Posaune spielenden Engeln, zwei Terriern mit Flügeln, und einer ziegelroten Kirche nebst einem Pissoir, in dem soeben ein Mann verschwindet. Der Maler dieses rätselhaften Bilds hat die Hände über der Brust gekreuzt, den Blick gesenkt und markiert den reuigen Sünder, als wollte er sich bei seinen Angehörigen für dieses Portrait entschuldigen, das wie ein Raumschiff dem Betrachter entgegen zu gleiten scheint. Das Bild ist 1928/29 entstanden, wenige Jahre, bevor diese im Himmel über Berlin schwebende Familie, von politischen Zeitumständen gezwungen, ins Exil gehen wird. Unter den auf dem Bild karikierten Familienangehörigen ist der am Stock gehende Vater am sorgfältigsten gemalt – man erkennt sogar den Schmiss auf der Wange, den er bei einer studentischen Mensur davontrug. Eindrücklich ist auch seine geblümte Hausjacke, von der ich glaube, sie als Kind, also bereits einige Jahre nach der Rückkehr aus der Emigration in Süd-und Nordamerika, an ihm gesehen zu haben. Sollte diese Hausjacke über Jahrzehnte in Schrankkoffern überdauert und ihren Träger vielleicht in kühleren brasilianischen Winternächten gewärmt haben?“