Max Beckmann: Day and Dream, Zeichnungen (1946)
Max Beckmann: Day and Dream, Zeichnungen (1946)
Ideen liegen massenhaft vor. Man könnte eine Mapp[e] mit biblischen od. mythologischen Motiven eine Circus und Theater u. Café mappe oder auch alles zusammen machen. Ein Titel wird sich schon finden. Müßte nur das Format wissen. das müssen Sie bestimmen.
Max Beckmann in einem Brief an Curt Valentin Anfang/Mitte März 1946
1946 hat Max Beckmann auf Wunsch seines New Yorker Händlers Curt Valentin noch einmal Blätter für eine Mappe Druckgrafik geschaffen, seine letzte. Von den 90 Exemplaren der Mappe hat er einige in Aquarell koloriert. Nachdem er zwischendurch an Kaltnadelradierungen gedacht hatte, fiel die Entscheidung doch für Lithografien, gezeichnet auf Umdruckpapier. Sechs Bilder umfasst die Mappe. Bei den 15 Blättern gibt es keine verbindende Thematik wie etwa „Jahrmarkt“ bei der Mappe von 1921 oder „Großstadt“ bei den Mappen von 1919 und 1922. Entsprechend unverbindlich ist auch der Titel Day and Dream, nicht weniger unverbindlich der vorhergehende: Time-Motion. So ist die Mappe auch nicht derart komponiert wie die erwähnten und erinnert mehr an die Mappe Gesichter, wo Beckmann einzeln geschaffene Blätter zusammengestellt hat.
Bei Day and Dream beginnt die Folge mit einem Selbstbildnis; der Künstler macht klar, wer die Bilder geschaffen hat. Darauf folgt alles kunterbunt. Szenen, die auf zufällige private Eindrücke zurückgehen wechseln unter anderem mit Aktfiguren, rätselhaften Darstellungen, politischen Allegorien und biblischen Szenen. Sehr unterschiedlich ist auch die Zeichenweise. Es gibt Darstellungen in klarer, fester Form, aber auch ganz lockere, scheinbar spontan hingeworfene; manche Lithografien sind nur mit Kreide gezeichnet, andere nur mit Feder, weitere in Kombination dieser Zeichenmittel. Und schließlich ist, wie überhaupt bei Zeichnungen der vierziger Jahre, die Qualität der Blätter unterschiedlich.
Am Anfang der Folge steht das Brustbild des Künstlers mit schwarzer Kappe, in der erhobenen Linken die Zigarette. Im Unterschied zu dieser beiläufig lässigen Geste wirkt die Miene des kräftig modellierten Gesichtes ernst und entschlossen, unterstrichen durch die fest sitzende schwarze Kappe, deren schräger Zug dem Kopf etwas von kühner Unternehmungslust verleiht.
Ein weiteres Blatt zeigt die Figur des scheinbar toten Kriegsgottes Mars, der auf einen Karren liegt, in der Brust eine Lanze, am Karren aber die drohenden Worte „I come back“. Nach dem Ende des schrecklichen Krieges hat sich Max Beckmann nicht der Illusion hingegeben, es würde nun für alle Zeiten Friede herrschen.
Weiterführende Literatur:
Lenz, Christian: Schön und schrecklich wie das Leben. Die Kunst Max Beckmanns 1937 bis 1945. In: Max Beckmann. Exil in Amsterdam. Ausstellungskatalog. Amsterdam / München: Hatje Canz 2007/2008, S. 33-107