Sonderausstellung: Ludwig Meidner

Ludwig Meidner - Hinwendung zum Judentum

Ludwig Meidner, Drei stehende Männer mit Torarolle, 1948/49
Ludwig Meidner, Drei stehende Männer mit Torarolle, 1948/49, Kohlezeichnung, 71,9 × 56 cm
Foto: Uwe Dettmar, © Ludwig Meidner-Archiv, Jüdisches Museum der Stadt Frankfurt am Main
Sonderausstellung: Ludwig Meidner

Ludwig Meidner - Hinwendung zum Judentum

Meine religiöse Entwicklung, die in meinem Leben ungeheuer wichtig war, und einerseits die Kunst durch die Ekstase und das religiöse Thema befruchtete, andererseits, wie erwähnt, mich später lähmte u. zeitweise das Interesse ganz auf die religiöse Problematik zog – kann hier nur grob in großen Zügen skizziert werden.

Brief von Ludwig Meidner an Franz Landsberger vom 21.02.1934, Institut Mathildenhöhe, Städtische Kunstsammlung Darmstadt, aufbewahrt im Stadtarchiv Darmstadt, ST 45 Meidner Nr. 669


Seit dem ersten Weltkrieg beschäftigte sich Ludwig Meidner intensiv mit religiösen Vorstellungen. Er empfand angesichts der Zivilisationskrise des Krieges den utopischen Impetus des Expressionismus als obsolet und wandte sich dem Studium religiöser Schriften zu. In den 1920er Jahren nahm die religiöse Thematik nach und nach eine immer zentralere Rolle in seinem Schaffen ein. Bis ins hohe Alter zeichnet er immer wieder Idealporträts frommer Juden und Szenen aus der heiligen Schrift. Meidner selbst fasst seine religiöse Entwicklung folgendermaßen zusammen:

"Bis zum 29. Lebensjahr Atheist, - von da ab ganz einer religiös-mythischen, aber individualistischen Erlebnisart ergeben. Vom letzten Kriegsjahr ab ganz im christlich-mystischen Denken u. Erleben. 1919 bis 1923 bei der christlichen Theologie, namentlich dem Apostel Paulus. Dann trat ein Umschwung ein, nach stürmischen Jahren. Rückkehr zum Judentum, Bekanntschaft mit dem Chassidismus, Aufnahme der jüdisch-religiösen Praxis ab 1924; - von 1927 ab, dem Jahr meiner Eheschließung, wird das genaue jüdische Ceremonial gemäß dem Schulchon Oruch maßgebend. Es tritt eine große Beruhigung ein, die Kämpfe sind beendet." (Brief von Ludwig Meidner an Franz Landsberger vom 21.02.1934, Institut Mathildenhöhe, Städtische Kunstsammlung Darmstadt, aufbewahrt im Stadtarchiv Darmstadt, ST 45 Meidner Nr. 669)

Weiterführende Literatur:
Berankova, Ljuba und Riedel, Erik (Hg.), Apokalypse und Offenbarung. Religiöse Themen im Werk von Ludwig Meidner (Schriftenreihe des Jüdischen Museums Frankfurt am Main Bd. 5), Sigmaringen 1996.
Heuberger, Georg/Riedel, Erik, Malerei als Gebet. Ludwig Meidner und sein Judentum, in: Im Nacken das Sternemeer. Ludwig Meidner - ein deutscher Expressionist, hrsg. v. Tobias Natter (Ausst. Kat. Jüdisches Museum Wien), Wien 2001, S. 31-39.

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