Sonderausstellung: Ludwig Meidner

Ludwig Meidner, Tanz der Kakerlaken, 1941

Ludwig Meidner, "Tanz der Kakerlaken", 1941
Ludwig Meidner, "Tanz der Kakerlaken", 1941, Aquarell, Bleistift, 50,5 × 40,4 cm, loses Blatt aus Skizzenbuch
Foto: Ursula Seitz-Gray, © Ludwig Meidner-Archiv, Jüdisches Museum der Stadt Frankfurt am Main, Inv. Nr. JMF1994-0007 IV/06
Sonderausstellung: Ludwig Meidner

Ludwig Meidner, Tanz der Kakerlaken, 1941

Meine aquarellierten Compositionen sind jetzt ausgesprochen allegorisch, es sind Symbole der Zeit und grausig wie die Zeit selber.

Brief von Ludwig Meidner an Hilde Rosenbaum, 15. Juni 1942, Institut Mathildenhöhe Darmstadt, aufbewahrt im Stadtarchiv Darmstadt, ST 45 Meidner Nr. 1077


"Ich habe im verflossenen Halbjahr eine ganze Anzahl Wasserfarbenblätter geschaffen, die das Leben der Insekten behandeln, der Spinnen, Käfer, Asseln, Mücken, Wanzen u.s.w. freilich ebenfalls eher symbolisch als naturalistisch. Meine Frau und andere Leute waren darüber entsetzt, daß einer, der jahrzehntelang die hohen und erhabenen Themata behandelte, auf einmal zum Gewürm herabsteigt." (Brief von Ludwig Meidner an Hilde Rosenbaum, 15. Juni 1942, Institut Mathildenhöhe Darmstadt, aufbewahrt im Stadtarchiv Darmstadt, ST 45 Meidner Nr. 1077)

Die in zarten Aquarellfarben angelegte Szene zeigt laut dem rückseitig handschriftlich vermerkten Titel den "Tanz der Kakerlaken". Bei näherem Hinsehen erscheint es aber ambivalent, ob es sich tatsächlich um einen Tanz oder eher um einen Kampf zwischen den Insekten handelt.

Insekten bevölkern Karikaturen und Satiren spätestens seit Grandvilles 1842 erschienem "Aus dem Staats- und Familienleben der Tiere". Wahrscheinlich hat Meidner aber auch das satirische Theaterstück "Aus dem Leben der Insekten" von Karel und Josef Čapek gekannt, das 1921 erschien und bereits in den 1920er Jahren in Berlin zum Publikumserfolg wurde. Die Komödie, die am Beispiel der Schmetterlinge die Liebe als triebgesteuert entlarvt, anhand der Mistkäfer die Fetischisierung des Eigentums anprangert und sowie Militaristen als engstirnige Ameisen karikiert, war auch in England ausgesprochen erfolgreich. So produzierte die BBC 1939 eine Hörspielfassung des Stücks.

Weiterführende Literatur:
Horcher in die Zeit. Ludwig Meidner im Exil (Ausstellungskatalog Museum Giersch der Goethe-Universität, Frankfurt am Main), München 2016.
Cornelia-Katrin von Plottnitz: Humoresken. Zu Ludwig Meidners Zyklen "Insekten, Märchen, symbolische Blätter" und "Cafés, Theater und Variete", in: Im Nacken das Sternemeer. Ludwig Meidner – Ein deutscher Expressionist, hg. v. Tobias G. Natter, (Ausstellungskatalog Jüdisches Museum Wien) Wien, 2001, S. 156–165.

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