Seite aus dem Ausstellungsführer "Entartete Kunst" von 1937
Seite aus dem Ausstellungsführer "Entartete Kunst" von 1937
Nach allem was ich erlebte und arbeitete, blieb es nicht aus, daß ich (…) beim Anbruch des Tausendjährigen Reiches als jüdisch-bolschewistischer Kulturzersetzer und entarteter Künstler öffentlich gebrandmarkt wurde, meine Arbeiten, soweit sie im öffentlichen Besitz waren, verfemt und verbrannt wurden und ich selber mit meiner Familie das Weite suchen mußte.
Ludwig Meidner, "meine gehobenen Hände, ein Abendopfer" Psalm 141,2, aus: Ludwig Meidner. (Ausstellungskatalog Nassauischer Kunstverein Wiesbaden), 1959
Bereits in der Anfang 1937 erschienenen Hetzschrift "Säuberung des Kunsttempels", die ideologisch und gestalterisch als Grundlage der Ausstellung "Entartete Kunst" gilt, wurde Ludwig Meidner als "Maljude" diffamiert. Der Autor polemisierte in Anspielung auf seine hymnische Prosadichtung gegen den "begeisterten Expressionisten Meidner", der "mit einem 'Septemberschrei' Gebete und Lästerungen von sich heule". (Wolfgang Willrich: Säuberung des Kunsttempels - Eine kunstpolitische Kampfschrift zur Gesundung deutscher Kunst im Geiste nordischer Art. München/ Berlin 1937)
In der Broschüre der Propagandaausstellung "Entartete Kunst" wurde Meidners Selbstbildnis von 1912 (ehemals Kunstmuseum Breslau, heute Hessisches Landesmuseum Darmstadt) als "Kostprobe von jüdischer Malerei und Plastik" an prominenter Stelle gezeigt. Ein um 1941/42 erstelltes Verzeichnis des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda der aus den öffentlichen Sammlung als "entartet" entfernten Werke verzeichnet insgesamt 81 Arbeiten Meidners. Dabei handelt es sich allerdings überwiegend um Druckgrafiken und Zeichnungen, was deren Identifizierung im Rahmen der gegenwärtigen Provenienzforschung erschwert.