Sonderausstellung: Ludwig Meidner

Ludwig Meidner, "An alle Künstler, Dichter, Musiker", 1919

Manifest: Ludwig Meidner, "An alle Künstler, Dichter, Musiker", in: Der Anbruch. Jg. 2, Nr. 1, Januar 1919
Ludwig Meidner, "An alle Künstler, Dichter, Musiker", in: Der Anbruch. Jg. 2, Nr. 1, Januar 1919
Jüdisches Museum der Stadt Frankfurt am Main
Sonderausstellung: Ludwig Meidner

Ludwig Meidner, "An alle Künstler, Dichter, Musiker", 1919

"Damit wir uns nicht mehr vor dem Firmament zu schämen haben, müssen wir uns endlich aufmachen und mithelfen, dass eine gerechte Ordnung in Staat und Gesellschaft eingesetzt werde.
Wir Künstler und Dichter müssen da in erster Reihe mittun.
Es darf keine Ausbeuter und Ausgebeuteten mehr geben!"

aus: Ludwig Meidner, „An alle Künstler, Dichter, Musiker“, in: Der Anbruch. Jg. 2, Nr. 1, Januar 1919


Im Zuge der Novemberrevolution wurde Ludwig Meidner kurzzeitig Mitglied in den revolutionären Künstlervereinigungen "Arbeitsrat für Kunst in Berlin" und "Novembergruppe". Meidners stark von religiösen Motiven und dem Idealbild der Menschheitsverbrüderung geprägte Vorstellung von Sozialismus war aber kaum mit der politischen Praxis der Räteregierung in Einklang zu bringen, weshalb sein revolutionärer Enthusiasmus bald verflog. In den folgenden Jahren, als das Sowjetsystem in Russland immer deutlicher diktatorische Züge zeigte, wurde seine politische Einstellung sogar dezidiert antikommunistisch.

In seinem 1919 veröffentlichten Manifest "An alle Künstler, Dichter, Musiker", brachte er hingegen noch seine Überzeugung von der revolutionären Sache zu Ausdruck:

"Uns Maler und Dichter verbinde mit dem Armen eine heilige Solidarität! Haben nicht auch viele unter uns das Elend kennen gelernt und das Beschämende des Hungers und materieller Abhängigkeit! Stehen wir viel besser und gesicherter in der Gesellschaft als der Proletarier?! Sind wir nicht wie Bettler abhängig von den Launen der Kunst sammelnden Bourgeoisie!
Sind wir noch jung und unbekannt, so wirft sie uns Almosen hin oder lässt uns lautlos verrecken.
Wenn wir einen Namen haben, dann sucht sie uns durch Geld und eitle Wünsche vom reinen Ziele abzulenken. Und wenn wir längst im Grabe, dann deckt ihr Protzentum unsere lauteren Werke mit Bergen von Goldstücken zu. – Maler, Dichter, Musiker, schämt euch eurer Abhängigkeit und Feigheit und verbrüdert euch mit dem ausgestoßenen, rechtlosen, gering bezahlten Knecht! […]
Maler, Dichter ….. wer sonst sollte für die gerechte Sache kämpfen als wir?! In uns pocht noch mächtig das Weltgewissen. Die Stimme Gottes in uns facht immer von neuem unsere Empörerfäuste an."

Weiterführende Literatur:
Gerda Breuer und Ines Wagemann: Ludwig Meidner. Zeichner, Maler, Literat. 1884-1966. 2 Bde. (Ausstellungskatalog Mathildenhöhe Darmstadt), Stuttgart 1991.
Thomas Grochowiak: Ludwig Meidner Recklinghausen 1966.

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