DER PRINZ VON LÜGENLAND
Dargestellt von Erika Mann
Text von Erika Mann; Musik von Eugen Auerbach
(Kostüm: Schwarze Stiefel und Reithosen, anliegende kurze Jacke aus glänzendem, Silberlamé, Fliegerkappe aus demselben Material, weisse Reitpeitsche. Die Szene spielt mitten im Winter)
Ich bin der Prinz von Lügenland,
Ich lüg‘, dass sich die Eichen biegen,–
Du lieber Gott, wie kann ich lügen,
Lüg alle Lügner an die Wand.
Ich lüge so erfinderisch
Das Blau herunter von den Himmeln.
Seht Ihr die Luft von Lügen wimmeln?
Es weht der Wind vom Lügenteich.
Der liebe Sommer naht sich jetzt,
Schon spriessen Knospen an den Bäumen,
Lieb Veilchen gelb die Wiesen säumen,
Im Kriege ward kein Mann verletzt,
Ha, Ha, Ihr glaubts, ich merk’ es ja
Ich kann in Euren Mienen lesen.
Obwohl es lügenhaft gewesen,
Steht es vor Euch, wie Wahrheit da.
Lügen ist schön,
Lügen ist gut,
Lügen bringt Glück,
Lügen schafft Mut,
Lügen haben schöne lange Beine.
Lügen macht reich,
Lügen sind fein,
Wirken wie wahr,
Waschen dich rein,
Gehen wie Hündlein folgsam an der Leine.
Bei mir daheim im Lügenland
Darf keiner mehr die Wahrheit reden,–
Ein buntes Netz von Lügenfäden
Hält unser grosses Reich umspannt.
Bei uns ists hübsch, wir habens gut,
Wir dürfen unsre Feinde morden.
Verleihn uns selbst die höchsten Orden
Voll Lügenglanz und Lügenmut.
Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht,
Wer immer lügt, dem wird man glauben.
Zum Schluss lässt sich’s die Welt nicht rauben,
Dass er die lautre Wahrheit spricht.
Lügen ist recht,
Lügen ist leicht,
Alles ist gut,
Wenn man’s erreicht,–
Lügen sind zu unserm Zweck die Mittel,
Lügen bringt Ruhm
Dem Lügenland,
Lügen sind bunt
Und elegant;
Dumme Wahrheit geht in grauem Kittel,
Ein Prinz bin ich aus Lügenland,
Ich will die Wahrheit überdauern.
Verborgen hinter Lügenmauern,
Halt ich den wahrsten Stürmen stand.
Ich misch‘ das Gift, ich schür den Brand,
Nur so schütz ich mein Reich vor Kriegen.
Wer mir nicht glaubt, den straf ich Lügen,
Ich selbst, der Prinz von Lügenland!
Die Welt hat gern mit mir Geduld
Und sollt‘ sie auch zu Grunde gehen.
Mich hört man auf den Trümmern krähen:
Daran sind nur die andern Schuld!