Leonard Steckel(Leonhard Steckel)
Leonard Steckel(Leonhard Steckel)
Dank dem Umstand, dass wir während der zwölfjährigen geistigen Abschliessung Mitteleuropas in der Schweiz unsere künstlerischen Kräfte frei entfalten und an den neuen fortschrittlichen Produkten der dramatischen Weltliteratur erproben konnten, errangen wir Vorteile, von denen wir annehmen, dass sie für die innere Ausrichtung der niedergestochenen deutschen Nation von Nutzen sein könnten.
Leonard Steckel, Exposé über den Einsatz freiheitlich gesinnter deutscher Theaterleute, die in der Schweiz leben, für ein neues deutsches Theaterwesen, ca. 1945
Geboren | am 08. Januar 1901 in Kninhinin, Österreich-Ungarn, heute Ukraine |
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Gestorben | am 09. Februar 1971 in Iwano-Frankiwsk, Ukraine |
Exil | Schweiz, Österreich |
Remigration | Bundesrepublik Deutschland |
Beruf | Schauspieler, Theaterregisseur |
Vor 1933 spielte Leonard Steckel erfolgreich in zeitgenössischen Stücken an der Seite von namhaften Kollegen wie Helene Weigel oder Alexander Granach. Er war einer der wichtigsten Schauspieler der avantgardistischen Piscator-Bühne. Mit deren Direktor Erwin Piscator verband ihn eine langjährige, nicht immer spannungsfreie Freundschaft, die auch die Jahre des Exils überdauerte. Am 11. März 1933 spielte er seine letzte Berliner Premiere.
Als der Schauspieler im Mai von einem Filmdreh in Wien und einer Operetten-Aufführung in Skandinavien wieder nach Berlin zurückkehrte, hatte sich die Situation in den Berliner Theatern drastisch verändert: Viele jüdische Schauspieler und Regisseure waren bereits aus den Theatern gedrängt worden. Steckel entschied sich daraufhin, gemeinsam mit seiner Frau, der Tänzerin Jo Mihaly, zu emigrieren. Noch während er nach Ausreismöglichkeiten suchte, erhielt er ein Telegramm von Ferdinand Rieser, dem Leiter des Schauspielhauses Zürich: „Engagement perfekt. Sofort kommen. Haben Sie einen Frack?“
In den nächsten Jahren arbeitete Steckel sowohl als Charakterschauspieler als auch als Spielleiter am Schauspielhaus in Zürich, das während des Nationalsozialismus die einzige deutschsprachige Bühne war, an der in Deutschland verbotene Stücke unzensiert aufgeführt wurden. Er inszenierte in der Zeit seines Exils über 120 Erst- und Uraufführungen, u. a. Galileo Galilei und Der gute Mensch von Sezuan von Bertolt Brecht. Steckel litt unter dem Verlust der Heimat und sehnte sich nach Berlin. Ab 1946 bemühte er sich um die Rückkehr nach Deutschland und kehrte 1949 endgültig nach Berlin zurück.
Auswahl wichtiger Werke:
Schauspiel:
Alter Wucherer in Volpone von Stefan Zweig, 1927
Irrenarzt in Hoppla, wir leben von Ernst Toller, 1927
Peachum in Dreigroschenoper von Bertolt Brecht, 1928
Davison in Leonce und Lena, 1935
Regie:
Leben des Galilei, 1943
Der gute Mensch von Sezuan, 1943
Caesar und der Phönix, 1956
Küss mich, Kätchen!, 1956
Weiterführende Literatur:
Beck, Anna / Gojan, Simone: Leonard Steckel. In: Kotte, Andreas (Hg.): Theaterlexikon der Schweiz. Zürich: Chronos 2005
Ries, Curt: Das Schauspielhaus Zürich. Sein oder Nichtsein eines ungewöhnlichen Theaters. München: Georg Müller 1988
Rueb, Franz: Leonard Steckel, Schauspieler, Regisseur. Zürich: Innaron 1998