Helga Michie(geb. Aichinger)
Helga Michie(geb. Aichinger)
Und wenn man nach „Identität“ fragt – jüdisch eigentlich nicht, englisch auch nicht, österreichisch auch nicht.
Helga Michie im Interview, 2003
Geboren | am 1. November 1921 in Wien, Österreich |
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Exil | Großbritannien (Vereinigtes Königreich) |
Beruf | Schauspielerin, Malerin, Schriftstellerin |
Helga Michie wurde am 1. November 1921 in Linz geboren. Ihre Zwillingsschwester ist die Schriftstellerin Ilse Aichinger. Nach der Scheidung der Eltern zogen die Mädchen mit ihrer Mutter nach Wien. Laut den Nürnberger Gesetzen, die nach der Annexion auch in Österreich erlassen wurden, galten die Kinder als „Halbjuden“, die Mutter als „Volljüdin“. Eine gemeinsame Flucht vor der nationalsozialistischen Verfolgung verhinderte der Kriegsbeginn, nur Helga konnte mit einem der letzten Kindertransporte im Juli 1939 zu ihrer Tante nach London fliehen. Erst 1947 kam es zu einem Wiedersehen.
In England ging sie zunächst weiter zur Schule, dann heiratete sie und bekam 1942 eine Tochter. Sie wurde Mitglied in der Exilorganisation Austrian Center und lernte die emigrierten Künstler Hilde Spiel, Anna Mahler, Erich Fried und Elias Canetti kennen. Ihren Lebensunterhalt verdiente Michie in Fabriken, als Kellnerin und Sekretärin, nach dem Krieg auch als Schauspielerin – unter anderem ist sie in einer Nebenrolle in The Third Man (1949) zu sehen.
Später arbeitete Michie als Übersetzerin aus dem Deutschen ins Englische, sie übertrug auch Texte Ilse Aichingers. Angeregt von der erfolgreichen Schwester, etwas Eigenes zu schaffen, wurde sie schließlich bildende Künstlerin. Im Jahr 2006 erschien erstmals ein Band mit ihren Werken, zumeist Radierungen, und englischsprachigen Gedichten. Eine Rückkehr nach Österreich kam für Michie nie in Frage. Vor allem durch ihre Tochter Ruth, mit der sie von Anfang an Englisch sprach, fühlte sie sich an die neue Heimat gebunden.
Wichtige Werke:
Concord (Gedichte, 2006)
Weiterführende Literatur:
Wort-Anker Werfen. Ilse Aichinger und England. Hg. von Rüdiger Görner u.a. Würzburg: Königshausen & Neumann 2011