Irmgard Keun

„Ich verreiste nicht, ich wanderte aus, und ich war keineswegs sicher, daß ich noch einmal wiedersehen würde, was ich verließ. Gewiß eines Tages würde es keinen Nationalsozialismus mehr in Deutschland geben. Aber wie viele böse Jahre der Ewigkeit würden bis dahin vergehen?“

Irmgard Keun, Bilder und Gedichte aus der Emigration

Geborenam 6. Februar 1905 in Charlottenburg (Berlin), Deutschland
Gestorbenam 5. Mai 1982 in Köln, Deutschland
ExilBelgien, Niederlande
BerufSchriftstellerin

Mit ihren ersten beiden Romanen Gilgi, eine von uns (1931) und Das kunstseidene Mädchen (1932) hatte die Schriftstellerin Irmgard Keun in den letzten Jahren der Weimarer Republik große Publikumserfolge. 1933 wurden beide Werke von den Nationalsozialisten als „Asphaltliteratur mit antideutscher Tendenz“ verboten. Um wieder offiziell arbeiten und veröffentlichen zu können, beantragte Keun Anfang 1936 ihre Aufnahme in die Reichsschrifttumskammer. Nachdem sie den Änderungsauflagen an einem neuen Roman nicht nachkommen wollte, war dieser Versuch eines formellen Arrangements mit den Verhältnissen in NS-Deutschland hinfällig. Am 11. April 1936 unterzeichnete sie einen Vertrag beim niederländischen Exilverlag Allert de Lange, am 4. Mai reiste sie in den belgischen Kurort Ostende und schloss sich dem dortigen Kreis exilierter Schriftsteller*innen an. Hier begann ihre Beziehung mit dem ebenfalls exilierten Joseph Roth, was sich zeitweise positiv auf beider Produktivität auswirkte. Zusammen arbeiteten sie an literarischen Texten und reisten durch Europa.

Aus Sorge vor Repressionen aufgrund des politisch brisanten Inhalts verweigerte Allert de Lange im November 1936 die Veröffentlichung von Keuns neuem Roman Nach Mitternacht, weshalb dieser im darauffolgenden Jahr im Amsterdamer Querido Verlag erschien. Keun, deren Beziehung zu Roth 1938 endete, war mittlerweile nach Amsterdam übergesiedelt und erlebte dort im Mai 1940 den Einmarsch der deutschen Wehrmacht in die Niederlande. Unter dem Namen Charlotte Tralow kehrte sie im Sommer nach Deutschland zurück und lebte bis 1945 im Haus ihrer Eltern in Köln.

In der Nachkriegszeit versuchte Irmgard Keun wieder an ihre literarischen Erfolge aus der Weimarer Zeit anzuknüpfen, arbeitete als Journalistin und schrieb Texte für den Hörfunk und das Feuilleton. 1947 erschien die Sammlung Bilder und Gedichte aus der Emigration. Ein 1950 veröffentlichter Roman fand nur wenig Beachtung, und auch die Bücher aus der Emigrationszeit fanden kaum Anklang beim Publikum. In ihren letzten Lebensjahren durfte sie noch die Wiederentdeckung und Neuauflagen ihrer Bücher miterleben, ehe sie 1982 starb.

Ausgewählte Werke:
Gilgi, eine von uns (Roman, 1931)
Das kunstseidene Mädchen (Roman, 1932)
Nach Mitternacht (Roman, 1937)
Kinder aller Länder (Roman, 1938)
Bilder und Gedichte aus der Emigration (Sammlung, 1947)

Weiterführende Literatur:
Häntzschel, Hiltrud: Irmgard Keun. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2001.
Weidermann, Volker: Ostende 1936. Sommer der Freundschaft. Köln: Kiepenheuer & Witsch, 2014.

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