Olga Grjasnowa

Olga Grjasnowa, Schriftstellerin
Olga Grjasnowa
© Yves Noir

Olga Grjasnowa

Eins der größten Privilegien ist es, selbst zu entscheiden, wer man sein will. Dies steht allzu oft in der Diskrepanz zu dem, wie man von der Außenwelt gesehen wird – vor allem, wenn man nicht dem Prototyp der Mehrheitsgesellschaft entspricht. Ich tue es – ich bin weiß, durchschnittlich in jeder Hinsicht, an meine Migration erinnert nur noch mein Name.

Olga Grjasnowa, Privilegien, 2019

Geboren14. November 1984 in Baku, Aserbaidschanische Sozialistische Sowjetrepublik, Sowjetunion
ExilBundesrepublik Deutschland
BerufSchriftstellerin

Olga Grjasnowa hat ihre ersten Lebensjahre in Baku, Aserbaidschan, verbracht. Mit elf Jahren verließen sie und ihre Familie die Sowjetunion. „Meine Eltern immigrierten mit mir und meinem Bruder am 22. Januar 1996 in die BRD. Offiziell fielen wir in die Kategorie der ‚jüdischen Kontingentflüchtlinge‘, wobei ich nicht behaupten kann, wir seien geflohen. Wir haben uns für die Demokratie und ein stabiles System entschieden“, stellt Grjasnowa in ihrem Essay Privilegien sachlich fest. Von den vielen Flüchtlingen, die heute nach Europa kommen, unterscheide sie vor allem der deutsche Pass. „Ich bekam ihn“, so fährt sie fort, „weil meine Familie von der Wehrmacht fast ausgerottet und die jüdische Zuwanderung in den 1990ern toleriert wurde.“

Die Behauptung mancher Lehrerinnen und Lehrer, „mein Deutsch sei nicht gut genug, da ich es mit einem Akzent spreche“, erinnert sich Grjasnowa, führte sie erst auf den Umweg eines Kunstgeschichte- und Slawistik-Studiums, bevor sie schließlich doch den Mut fand, Literarisches Schreiben zu studieren. Ihr erster Roman Der Russe ist einer der Birken liebt (2012) erhielt viel Zuspruch von der feuilletonistischen Kritik und brachte Grjasnowa einige Preise ein, darunter den Anna Seghers-Preis. Thematisiert sie hier die Einwanderung einer jungen Jüdin nach Deutschland, wendet sie sich in ihrem dritten Roman Gott ist nicht schüchtern (2017) der aktuellen politischen Krise in Syrien und der damit verbundenen Fluchtbewegung zahlreicher Syrerinnen und Syrer aus dem Kriegsgebiet zu.

Weiterführende Literatur:
Aydemir, Fatma u. Yaghoobifarah, Hengameh (Hg.): Eure Heimat Ist unser Albtraum. Berlin: Ullstein fünf 2019.
Luschina, Nadja: Russisches Fräuleinwunder auf Deutsch. Deutschsprachige Erzählliteratur von Autorinnen aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion zwischen 2005 und 2012. Berlin: Peter Lang 2018.
Kampel, Felix: Peripherer Widerstand. Der neue Nationalismus im Spiegel jüdischer Gegenwartsliteratur. Marburg: Tectum Verlag, 2017.
Werner, Florian (Hg.): Wenn ich groß bin, werd ich Dichter. Frühe Texte bekannter Autoren. Hamburg: Arche Verlag 2015.

Ausgewählte Werke:
Gott ist nicht schüchtern (Roman, 2017)
Die juristische Unschärfe einer Ehe (Roman, 2014)
Der Russe ist einer der Birken liebt (Roman, 2012)

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