Johannes R. Becher(Hans, Johannes Robert, Johann Sebastian,)

Johannes R. Becher, 1941
Johannes R. Becher, 1941
Akademie der Künste, Berlin, Johannes-R.-Becher-Archiv, P 017

Johannes R. Becher(Hans, Johannes Robert, Johann Sebastian,)

Sie haben einen Grund noch, einen festen, / Und dennoch hält der Grund sie allzu fest. / Sie flüchten vor dem Wind mit allen Ästen / Und halten fest, hinauf bis zum Geäst. […] Die Bäume scheinen sich noch zu verrenken, / Wenn Meer und Himmel atmen wieder Stille / Sie sind noch in der Stille auf der Flucht.

Johannes R. Becher, Windflüchter. Bäume im Darß (Ahrenshoop), 1950er Jahre

Geborenam 22. Mai 1891 in München, Deutschland
Gestorbenam 11. Oktober 1958 in Berlin, Deutsche Demokratische Republik
ExilFrankreich, Sowjetunion
RemigrationDeutsche Demokratische Republik
BerufLyriker, Dramatiker, Schriftsteller

Das Sonett Windflüchter des Dichters Johannes R. Becher erzählt nicht nur von den sturmgeplagten Bäumen an der Ostseeküste, es erzählt auch etwas über das Leben des Dichters und Emigranten in einer wechselvollen Geschichte.

Harry Graf Kessler, der frühe Förderer des Expressionisten, beschrieb seine Erscheinung im Tagebuch: „Sehr sympathisches, feines zartes Gesicht; besonders die Augen auffallend groß und schön, meergrün, mit einem feuchten Glanz, der aber manchmal plötzlich erlischt.“

Becher war als Sohn eines Amtsrichters in München zur Welt gekommen, der autoritären Vätergeneration widersetzte er sich. Er begann Philosophie und Medizin zu studieren, wandte sich bald der Literatur, dem literarischen Leben und der Politik zu. Er schloss sich der KPD an, wurde 1928 Vorsitzender des Bundes Proletarisch-Revolutionärer Schriftsteller und gab dessen Zeitschrift Die Linkskurve heraus.

1933 ging er ins Exil, anfangs nach Paris, dann nach Moskau. Er bemühte sich um die Sammlung linker Schriftsteller. Zusammen mit André Gide u.a. organisierte er 1935 den Ersten Internationalen Schriftstellerkongress zur Verteidigung der Kultur in Paris. Im Exil in der UdSSR war Becher Chefredakteur der deutschen Ausgabe der in Moskau erscheinenden Zeitschrift Internationale Literatur.

Im Juni 1945 kehrte er nach Berlin zurück, übernahm in der SBZ und DDR zahlreiche kulturpolitische Funktionen. Er rief den Kulturbund, den Aufbau-Verlag, die Wochenzeitung Sonntag und die Zeitschrift Sinn und Form ins Leben. Von 1953 bis 1956 war er Präsident der Deutschen Akademie der Künste. Er schrieb den Text zur Nationalhymne der DDR und wurde 1954 ihr erster Kulturminister. Becher gehörte zu den wenigen Emigranten, die Aufzeichnungen zum Stalin-Terror hinterließen, postum wurden seine Erinnerungen unter dem Titel Selbstzensur (1956) 1988 veröffentlicht.

Wichtige Werke:
Verfall und Triumph (Gedichte, 1914)
Der Glücksucher und die sieben Lasten(Gedichte, 1938)
Abschied (Roman, 1940)
Selbstzensur (Aufzeichnungen, 1956)
Hundert Gedichte(2008) 

Weiterführende Literatur:
Dwars, Jens-Fietje: Abgrund des Widerspruchs. Das Leben des Johannes R. Becher. Berlin: Aufbau-Verlag 1998.

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