Stefan Zweig: Schachnovelle, Novelle (1942)
Stefan Zweig: Schachnovelle, Novelle (1942)
Hier korrigiere ich viel an der Autobiographie, habe eine kleine Schachnovelle entworfen, angeregt davon, daß ich mir für die Abgeschiedenheit ein Schachbuch gekauft habe, und täglich die Partien der großen Meister nachspiele.
Stefan Zweig, Brief an Friderike Zweig, 29. September 1941
Die Handlung der Schachnovelle kreist um die an Bord eines Schiffes ausgetragene Schachpartie zweier sehr gegensätzlicher Rivalen: Dem mit fast maschinenhaftem Automatismus spielendenden Schachweltmeister Mirko Czentovic tritt der anonymisierte Passagier Dr. B. entgegen, dessen Schachkenntnisse auf bedrückenden biografischen Erlebnissen beruhen: Von der Gestapo über Monate hinweg zum Verhör inhaftiert, überstand er die Hafttorturen nur mithilfe eines heimlich entwendeten Schachbuchs, dessen Partien er mit zunehmendem pathologischem Zwang in Gedanken nachspielte. Die Partie gegen Czentovic reißt die psychische Wunde jener alten „Schachvergiftung“ wieder auf: Gedanklich unentwegt neue Spielzüge antizipierend, muss Dr. B. das Spiel abbrechen. Em Ende erklärt er seine dauerhafte Schach-Abstinenz – die resignative Kapitulation eines innerlich zerstörten Menschen, der seinem seelenlosen Widersacher unterliegt.
Stefan Zweig hatte das Werk kurz vor seinem Tod am 23. Februar 1942 fertiggestellt. Die Erstausgabe erschien noch im selben Jahr. Das Buch wurde zu einem von Zweigs populärsten Werken. 1960 verfilmte der Regisseur Gerd Oswald den Stoff mit Curd Jürgens und Mario Adorf in den Hauptrollen. Der deutsche Verleger Siegfried Unseld schrieb über das Buch: „Der Leser vermag hinter dem Schachautomaten, hinter der übersteigerten Intelligenz der Tücke von Kampf und Angriff das System faschistischer Gewaltpraxis zu erkennen, die in den Emigrationsjahren Zweigs die abendländische Welt gefährdet, ihre Kultur auslöscht und sie zu einer Welt von Gestern macht ...“ (zitiert nach Donald Prater / Volker Michels (Hg.): Stefan Zweig. Leben und Werk im Bild, 1984)