Arnold Zweig: Brief an Hedwig Michaelis (1. November 1935)
Arnold Zweig: Brief an Hedwig Michaelis (1. November 1935)
Bis auf kleine Ausnahmen stellt sich das Land, als wäre ich gar nicht da […].
Arnold Zweig am 1. November 1935 an Hedwig Michaelis
In den Jahren 1934 und 1935 wechselten Arnold Zweig und seine Frau Beatrice mehrmals Briefe mit Hedwig Michaelis in New York, der Ehefrau des Chemikers Leonor Michaelis. Die Familien hatten sich vermutlich 1933 in Sanary-sur-Mer über Marta und Lion Feuchtwanger kennengelernt. Die Zweigs berichteten vom Alltag ihrer Eingewöhnung in Palästina, der Entwicklung ihrer Kinder und Zweigs Ehefrau Beatrice bedankt sich für Zeichenpapier, das Hedwig Michaelis in New York für sie beschafft hatte.
In diesem Brief von Arnold Zweig an Hedwig Michaelis klingt die Verbitterung des Schriftstellers über den Sprachenstreit an: Zweig klagt darüber, „wie konsequent sich das Land Geistern von europäischem Ruf verschließt, sofern sie nicht hebräisch dozieren können“. Die deutsche Sprache war in Palästina verpönt, und die Öffentlichkeit, insbesondere radikale Zionisten, nahm Zweig übel, dass er dennoch an ihr festhielt, anstatt Hebräisch zu lernen. Zweigs Biograf Wilhelm von Sternburg schreibt: „Der große Kenner der klassischen deutschen Literatur konnte und wollte nicht akzeptieren, daß die Sprache eines Kant, Goethe, Schiller oder Büchner nichts mehr gelten sollte, weil jetzt – und nach seiner festen Überzeugung nur für einen ganz kurzen historischen Augenblick – in ihrem Land Barbaren und Menschenschlächter regierten.“ (Um Deutschland geht es uns. Arnold Zweig, 1998)
Seine Ankündigung, sich nach einem anderen Exilland in Europa umzusehen, eventuell sogar in die USA auszuwandern, setzte Arnold Zweig nicht in die Tat um.