Paul Zech: Brief an Alfred Kerr zu seinem 70. Geburtstag (1938)

Brief: Paul Zech an Alfred Kerr
Brief von Paul Zech aus Buenos Aires an Alfred Kerr in London, Anfang Januar 1938.
Akademie der Künste, Berlin, Alfred-Kerr-Archiv, Nr. 405, Blatt 1-2. Mit freundlicher Genehmigung von Bert Kasties.

Paul Zech: Brief an Alfred Kerr zu seinem 70. Geburtstag (1938)

Ich möchte die Gelegenheit wahrnehmen, für einen Dichter-Leidensgefährten zu werben, der wirklich jeder finanziellen und literarisch ermunternden Hilfe bedarf: vielleicht können Sie in Ihrer Zeitschrift etwas von Paul Zech bringen, der in das ganz abgelegene Buenos Aires verschlagen wurde […].

Max Herrmann-Neiße aus London an Johannes R. Becher, 4. Mai 1938


In seinem Brief von Anfang Januar 1938 gratulierte Paul Zech seinem früheren Berliner Schriftstellerkollegen Alfred Kerr zum 70. Geburtstag am 25. Dezember 1937. Er schrieb aus dem weit entfernten Argentinien nach Großbritannien, von einem Ort des Exils an einen anderen, nach London.

Zech berichtete hier wenig von seinen eigenen Lebensbedingungen in Buenos Aires. Vielmehr knüpfte er an die gemeinsam erlebte Zeit des literarischen Lebens in Berlin von 1910 bis 1933 an, als Zech zu den jungen Autoren des Expressionismus gehörte und Kerr zu deren Förderern und Vorbildern. Kerr hatte die Stücke der neuen Generation in den Zeitungen Der Tag und Das Berliner Tageblatt und in der Zeitschrift Pan besprochen. Jetzt war es an Paul Zech, das Lebenswerk des Älteren zu würdigen und an die lebendige Zeit in Berlin zu erinnern.

Alfred Kerr feierte seinen runden Geburtstag nicht in London. Er schrieb auch als Reiseschriftsteller und unternahm, wie Max Herrmann-Neiße berichtete, eine Schiffsreise auf dem Mittelmeer.  

Paul Zech, der 1933 nach Buenos Aires geflohen war, schrieb regelmäßig literarische Beiträge für argentinische Zeitungen wie Das andere Deutschland, Argentinisches Tage- und Wochenblatt und die jiddische Zeitschrift Di Presse, in der auch sein Beitrag über Alfred Kerr erscheinen sollte. Trotz seines produktiven Schaffens fühlte er sich im Exil isoliert und litt unter schlechten materiellen Verhältnissen. Flucht und Emigration verarbeitete er 1938 im autobiografischen Roman Michael M. irrt durch Buenos Aires, der 1984 postum erschien.

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