Konrad Wachsmann: Brief an die Mutter (8. Februar 1935)
Konrad Wachsmann: Brief an die Mutter (8. Februar 1935)
Seit dem habe ich nichts von Euch gehört. Halt doch. Kürzlich bekam ich plötzlich eine Büchse Ölsardinen aus Leipzig.
Konrad Wachsmann in Brief an Muttel, 1935
Diesen Brief sendete der Architekt Konrad Wachsmann im Februar 1935 aus dem italienischen Exil an seine Mutter, die zu diesem Zeitpunkt noch in Deutschland lebte. Wachsmann war 1932 als Stipendiat der Villa Massimo nach Italien gekommen. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten entschied er sich, die Villa Massimo zu verlassen und selbstständig für seinen Unterhalt in Italien zu sorgen. Wie schwierig sich das für ihn gestaltete, wird in diesem Brief deutlich, in dem er seine Mutter dringend um Geld bittet. Der Architekt beschwert sich bitter bei seiner Mutter, dass er anstelle einer finanziellen Unterstützung nur Pakete mit Lebensmitteln erhält.
Während der Jahre des italienischen Exils stand Wachsmann im regen Briefkontakt mit seiner Mutter. Auf seine Bitte hin bewahrte sie alle Briefe auf, die sie von ihrem Sohn erhielt. Die Briefe wiederum, die seine Mutter an ihn richtete, sind nicht überliefert. Regelmäßig berichtete er ihr von den Lebensbedingungen im italienischen Exil. Er fertigte Skizzen seiner Wohnung an, klagte darüber, wie wenig seine Mutter ihn unterstütze und berichtete von den Widrigkeiten, die ihm im Exil begegneten.
Wachsmanns Mutter erlebte derweil selbst eine finanziell schwierige Situation und litt unter den Restriktionen, denen Juden in Deutschland ausgesetzt waren. 1942 wurde sie zusammen mit der Tochter Charlotte und deren Sohn nach Riga deportiert und ermordet.