Brief von Berthold Viertel an Wieland Herzfelde, 21. Oktober 1943
Brief von Berthold Viertel an Wieland Herzfelde, 21. Oktober 1943
Während wir die Form des Verlags erörterten, habe ich absichtlich von der Möglichkeit, daß meine eigenen Bücher dort erscheinen, nicht gesprochen. Ich weiß, daß es nicht zuletzt eine Geldfrage ist.
Berthold Viertel an Wieland Herzfelde, 21. Oktober 1943
Als sich der Schriftsteller und Regisseur Berthold Viertel und der Malik-Verleger Wieland Herzfelde im Berlin der 1920er Jahre kennenlernten, waren beide beruflich höchst erfolgreich. 1939 trafen sie einander als mittellose Flüchtlinge in New York wieder: Viertel versuchte erfolglos, sich als Theaterregisseur am Broadway zu etablieren, Herzfelde verkaufte Briefmarken. Mit den Schwierigkeiten, in den USA beruflich Fuß zu fassen, waren sie nicht alleine. 1941 schlossen sie sich mit anderen aus Deutschland und Österreich vertriebenen Künstlern zu einer Arbeitsgemeinschaft mit dem Titel „Die Tribüne“ zusammen, um in New York literarische Veranstaltungen in deutscher Sprache auf die Bühne zu bringen.
Herzfelde träumte schon seit seiner Ankunft in den Vereinigten Staaten von einer neuen verlegerischen Aufgabe. Der Gedanke lag nahe, dass „Die Tribüne“ auch Bücher veröffentlichen könnte. Im Sommer 1942 nahm der Plan eines nicht kommerziellen Autorenverlags konkrete Formen an. Ernst Bloch, Bertolt Brecht, Ferdinand Bruckner, Alfred Döblin, Lion Feuchtwanger, Oskar Maria Graf, Heinrich Mann, Berthold Viertel, Ernst Waldinger und Franz Carl Weiskopf wurden als Gründungsmitglieder gewonnen, und Wieland Herzfelde sollte als Lektor die Hauptverantwortung für das Programm übernehmen.
Die Abstimmung zwischen den Schriftstellern gestaltete sich allerdings schwieriger als angenommen. Ein umfangreicher Briefwechsel rund um die Verlagsgründung, um Beschlüsse zu Briefpapier, Logo, Name und natürlich zum Programm ist überliefert. Erst fast zwei Jahre später wurde der Aurora-Verlag – der Name war ein Vorschlag Brechts – am 3. April 1944 in New York registriert. Bis 1947 wurden 12 Bücher veröffentlicht, vor allem Werke der Gründungsmitglieder des Verlags. Von Berthold Viertel erschien 1946 der Gedichtband Der Lebenslauf, seine zweite Publikation in den USA nach Fürchte dich nicht (1941). 1948 verkaufte Herzfelde, der sich mit dem Projekt verschuldet hatte, die Rechte an „Aurora“ an den Aufbau-Verlag in Ost-Berlin.