Anna Seghers: Transit (1948)

Buchcover: Anna Seghers, Transit
Anna Seghers, Transit, deutsche Erstausgabe, Curt Weller Verlag, Konstanz 1948, mit einer Umschlaggestaltung von Curt Georg Becker
Bürgerstiftung für verfolgte Künste – Else-Lasker-Schüler-Zentrum – Kunstsammlung Gerhard Schneider im Zentrum für verfolgte Künste, © U. Barthelmeß-Weller

Anna Seghers: Transit (1948)

Die Bahnhöfe und die Asyle und selbst die Plätze und Kirchen der Städte voll von Flüchtlingen aus dem Norden, aus dem besetzten Gebiet und der „verbotenen Zone“ und den elsässischen und lothringischen und den Moseldepartements. Überreste von jenen erbärmlichen Menschenhaufen, die ich schon auf der Flucht nach Paris für nichts anderes als Überreste gehalten hatte.

Anna Seghers, Transit, 1948


Anna Seghers Roman Transit gehört zu den wichtigsten literarischen Bearbeitungen zum Thema Exil, mit dem die Autorin auch ihre eigene Flucht verarbeitet hat. Er entstand 1941/42 und erschien 1944 zunächst in englischer und spanischer Sprache, in deutscher Sprache erstmals 1947 in einer Berliner Zeitung.

Erzählt wird der Roman aus Sicht eines männlichen Ich-Erzählers, der in einem Marseiller Caféhaus seine Lebens- und Fluchtgeschichte einem Fremden berichtet. Verwoben hiermit sind auch die Geschichten von Flüchtlingen, die seinen Weg kreuzten. Das Erzählen wird hier zum Mittel des Erinnerns und Bewahrens der eigenen Identität sowie der kollektiven Geschichte.

Seghers entwirft ein eindringliches Bild von den in Marseille Gestrandeten und ihrem Kampf mit den Behörden um die Einreise-, Ausreise- und Durchreisevisa sowie Aufenthaltsgenehmigungen und Pässe. Der Leser erfährt von dem verzweifelten, fast aussichtlosen Unterfangen der Flüchtlinge, sich im Behördendschungel zurechtzufinden und alle erforderlichen Papiere und Stempel fristgerecht zu erhalten. Gespräche und Gerüchte kreisen beständig um diese alles beherrschenden Themen sowie um den Tausch von Tickets für Schiffspassagen und die Suche nach gefälschten Pässen.

 Der Titel Transit verweist im Kontext des Exils zum einen auf das Durchreisevisum (Transitvisum) und zum anderen auf das Durchgangsstadium, in dem sich die Flüchtlinge befanden: Ohne Heimat und nationale Zugehörigkeit, nicht wissend wann und wo man ankommt.

Galerie