Kurt Schwitters: Brief an Helma Schwitters  (24. Dezember 1940)

Kurt Schwitters an Helma Schwitters, Heiligabend 1940
Kurt Schwitters, Brief an seine Frau Helma aus dem Hutchinson Internment Camp, Heiligabend 1940
© Kurt und Ernst Schwitters Stiftung, Leihgabe im Kurt Schwitters Archiv, Sprengel Museum Hannover, Foto: Brigitte Borrmann

Kurt Schwitters: Brief an Helma Schwitters  (24. Dezember 1940)

Ich ging in unsere Kirche, ohne glauben zu können an Menschenliebe. Der grausame Krieg nimmt mir allen Glauben, ausser den an mich selbst.

Kurt Schwitters an seine Frau Helma am 24. Dezember 1940


Das Ehepaar Schwitters hatte sich 1937 zu einer Trennung auf Zeit entschieden: Kurt Schwitters, dessen Kunst von den Nationalsozialisten als „entartet“ verhöhnt worden war, ging mit dem gemeinsamen Sohn Ernst ins Exil nach Norwegen, seine Frau Helma sollte zunächst in Deutschland bleiben. Sie kümmerte sich um ihre kranken Eltern und die Schwiegermutter und sorgte nach und nach für die Verschiffung der Möbel und einer ganzen Reihe von Kunstwerken. Wiederholt fuhr sie auf Besuch nach Lysaker bei Oslo – einen gemeinsamen Lebensmittelpunkt sollte es spätestens wieder in den USA geben, wohin die Familie auszuwandern hoffte. 

Der Kriegsbeginn und der Einmarsch der Deutschen Wehrmacht in Norwegen im Sommer 1940 machten diese Pläne zunichte: Schwitters blieb nur die Flucht über die Lofoten nach Großbritannien, wo er umgehend als „Enemy Alien“, als „feindlicher Ausländer“, inhaftiert wurde. Er durchlief verschiedene Internierungslager und kam im Juli 1940 schließlich nach Douglas auf der Isle of Man. Über das Rote Kreuz war es den Inhaftierten möglich, Briefe an ihre Familien zu schreiben. So konnte Schwitters zumindest brieflich wieder mit seiner Frau in Kontakt treten.

Dieser Brief vom ersten Weihnachtsfest in Gefangenschaft und ohne die Familie zeigt deutliche Spuren seiner düsteren Stimmung. Gleichzeitig erwähnt er aber auch, dass er wieder arbeiten kann: Tatsächlich schuf der vielseitige Künstler während seiner eineinhalbjährigen Internierung eine erstaunliche Zahl von Malereien und abstrakten Kunstwerken. Die Bemühungen seiner Freunde, Kurt Schwitters in die USA zu holen, wurden fortgesetzt – jedoch ohne Erfolg. Zu einem Wiedersehen mit seiner Frau, die 1944 starb, kam es nicht.

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