Josef Scharl: Brief an einen Fotografen namens Schiff (14. Juli 1942)
Josef Scharl: Brief an einen Fotografen namens Schiff (14. Juli 1942)
Ich kann Ihnen nicht gleich das Geld geben, sondern Sie müssten eine kleine Weile warten.
Josef Scharl an einen Fotografen namens Schiff, 14. Juli 1942
Ein Literat, der vor Hitlers Unterdrückung ins Exil fliehen musste, konnte dort neue Werke in folgender Hinsicht rasch verbreiten: Ein Manuskript zirkulierte leicht unter Freunden und Verlegern. Es ließ sich gut versenden. Gemälde dagegen mussten hierfür zunächst fotografiert werden. Für den Maler Josef Scharl bedeutete dies, im New Yorker Exil 1942 einen Bittgang zu machen.
Scharl benötigte Reproduktionen seiner Werke nicht nur für Freunde und Familie in der Heimat. Wie auch viele andere mit ihm konkurrierende Künstler verwendete er kleinformatige Aufnahmen zur Eigenwerbung. Es galt, Galeristen, Museumsleute und Sammler von sich zu überzeugen. Scharl wünschte sich Reproduktionen in etwa dem Postkartenformat. Der Fotograf seines Vertrauens war ein Herr namens Schiff. Allerdings ist belegt, dass Scharl in New York noch weitere Fotografen kannte, genauer gesagt Fotografinnen. Ruth und Lotte Jacobi waren wie Scharl deutsche Emigranten. Die beiden Schwestern vertraten jedoch eine anspruchsvollere Fotografie als die bloße Kunstreproduktion. In Karl Nierendorfs Monographie über Scharl von 1945 beweist dies ein Porträtfoto des Künstlers, aufgenommen von Lotte Jacobi.
Gegenüber Herrn Schiff musste der Maler in seinem Bittbrief 1942 eingestehen, ihn eigentlich nicht bezahlen zu können. Scharls Verkäufe stagnierten zu dieser Zeit. Wie ein späterer Brief belegt, ging der Fotograf trotzdem auf den Auftrag ein – und musste über ein halbes Jahr auf sein Geld warten.