Joseph Roth im Pariser Café Le Tournon (um 1938)

Fotografie: Joseph Roth im Café
Fotografie von Joseph Roth im Café Le Tournon in Paris um 1938
Deutsches Exilarchiv 1933-1945 der Deutschen Nationalbibliothek © Senta Lughofer

Joseph Roth im Pariser Café Le Tournon (um 1938)

Roths Tisch in dem Bistro war ein offenes Haus. Man kam, setzte sich hin und redete. Er legte eine Weile die Feder beiseite, öffnete seine verwunderten Augen und hörte zu. Gute und schlechte Nachrichten.

Soma Morgenstern in Joseph Roths Flucht und Ende


Mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten ging Joseph Roth ins französische Exil nach Paris und lebte dort zunächst im Hôtel Foyot, wo er auch schon zuvor während seiner früheren Pariser Aufenthalte gewohnt hatte. Nachdem er den Abriss seines Domizils hatte mitansehen müssen, wurden ihm das Hôtel de la Poste und das zugehörige Café Le Tournon neuer Zufluchts- und Schreibort. Zwischen Tagesgeschäften diskutierte er dort vor allem mit einem Kreis aus österreichischen Legitimisten und Katholiken intensiv über die „alte Welt“ der Habsburger Monarchie, Kaiser Franz Joseph und Schriftsteller des 19. und 20. Jahrhunderts.

Viele seiner Feuilletons, Glossen und Notizen schrieb Roth am Cafétisch. Auch die prominente Geschichte Die Legende vom Heiligen Trinker soll dort aus einem Gespräch heraus ihren Anfang genommen haben.

Der schwer alkoholkranke Roth verließ seinen Platz im Café zuletzt nur noch selten, etwa um im nahe gelegenen Park am Palais du Luxembourg zu spazieren. „Roth war krank und gebrechlich, aber manchmal arbeitete er 20 Stunden in einem Tag. Bei der Arbeit hatte er ungeheure Zähigkeit“, erinnert später Stephan Heller, ein befreundeter Industrieller, Szenen aus dem Café. Roth starb am 27. Mai 1939 in Paris.

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