Therese Giehse als Die Dummheit
Therese Giehse als Die Dummheit
Der Leute Hirn verklebe ich, / ich nag an der Substanz. / Von ihrem Stumpfsinn lebe ich, es ist ein toller Tanz. / Besonders bin ich eingestellt, / auf Herren, die regier’n. / Und die auf dieser ganzen Welt / mich freudig akzeptier’n.
Erika Mann, Die Dummheit, 1934
Am 1. Januar 1934, genau ein Jahr nach der Gründung der Pfeffermühle in München, fand in Zürich die Premiere des zweiten Exilprogramms statt. Es stand unter dem Motto Kaltes Grauen. Nur mehr fünf Stücke waren aus der Münchner Zeit übrig geblieben. Das neue Programm enthielt mindestens zwei Glanzrollen von Therese Giehse: Die Krankenschwester und Die Dummheit.
„Die schaurigste Nummer war die Dummheit, dargestellt von Therese Giehse“, erinnerte sich Erika Mann rückblickend. „Therese stand zu diesem Zweck auf einem kleinen Sockel, monumental, wie von Daumier entworfen, und hatte an ein rosafarbenes Babykleid, eine strohfarbene Perücke. Sie sah aus, wie die personifizierte und grauenerregende Dummheit und sang meinen, von Eugen Auerbach vertonten Text. Diese Nummer erregte besonderen Anstoß bei den deutschen Regierungsvertretern.“ (zitiert nach: Helga Keiser-Hayne, Beteiligt euch, es geht um eure Erde, 1990)
Therese Giehses einzigartige Darstellung von Erika Manns Text über den Aufstieg und Fall der Dummheit hinterließ bei den Zuschauern einen bleibenden Eindruck. Auch der Philosoph und Schriftsteller Ludwig Marcuse schwärmte im Januar 1934 im Pariser Tageblatt in Bezug auf „die Giehse“ von einem unvergleichlichen Kabaretterlebnis: „Wer sie gesehen hat, für den ist das Wort Dummheit kein Abstraktum mehr: sondern die bekannteste, unvergesslichste, fürchterlichste Person.“