Registrierschein Oskar Pastior, Nürnberg, Mai 1968

Oskar Pastior: Registrierschein
Registrierschein von der Durchgangsstelle für Aussiedler in Nürnberg für Oskar Pastior, Mai 1968
Deutsches Literaturarchiv Marbach, Nachlass Oskar Pastior, © Prof. Dr. Klaus Ramm

Registrierschein Oskar Pastior, Nürnberg, Mai 1968

[…] im folgenden weigert sich der weigerer entschieden den exilstern zu tragen mit welchem recht einerseits so argumentiert er und andererseits mit welcher schuld unvernünftig verschließt er die augen […]

Oskar Pastior, Europäische Ideen, 1973


Am 2. Mai 1968 reiste der Rumäniendeutsche Oskar Pastior, der sich auf einer offiziell genehmigten Reise in Österreich befand, illegal über die Grenze nach Deutschland. Nach einigen Tagen in München fuhr er weiter nach Nürnberg zur zuständigen „Durchgangsstelle für Aussiedler“: Er wollte bleiben.

„Einer der Gründe, weshalb ich vor fünfzehn Jahren wegging, war eben der, daß ich auf dem besten Weg war, dort von der Obrigkeit hochgefördert, hochstilisiert zu werden, zum Aushängeschild einer Minderheitenlyrik – und das hat mir gestunken“, erklärte der Dichter im Jahr 1983. Tatsächlich war er schon nach seinen ersten Veröffentlichungen mit Preisen ausgezeichnet worden – von einem System, das ihm verbot, über seine Jahre als Zwangsarbeiter in der Sowjetunion zu sprechen und ihn ständig vom Geheimdienst überwachen ließ. Dass er selbst gezwungen wurde, als Informant der Securitate Berichte zu liefern, wurde erst posthum bekannt. Vielleicht wollte er auch deswegen dem Leben in der sozialistischen Republik entfliehen. Nach dem Grenzübertritt soll er sich gegenüber den Behörden als Bespitzelter und Spitzel offenbart haben, „auch um reinen Tisch zu machen, u. einen heilungsprozeß bei mir zu ermöglichen (und neubeginn)“, notierte Pastior 2002 in Vorbereitung auf ein Podiumsgespräch. 

Er selbst verstand sich nicht als Exilant. Die Begründung liegt vielleicht auch an der fehlenden Beziehung zu seinem Heimatland: „Das Heimweh, das hat man mir radikal zerschnitten mit 17, bei der Deportation nach Rußland. Ich bin seither ein Monstrum der Heimwehlosigkeit!“

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