Otto Nebel: Kurze Lebensbeschreibung

Typoskript: Otto Nebel, Kurze Lebensbeschreibung
Otto Nebel, Kurze Lebensbeschreibung
Schweizerisches Literaturarchiv SLA, Schweizerische Nationalbibliothek, Nachlass Otto Nebel, © Otto Nebel-Stiftung

Otto Nebel: Kurze Lebensbeschreibung

Otto Nebels Ersuchen für Wiedergutmachung in Berlin

Ich schicke Ihnen als Beilage im Doppel eine neue Lebensbeschreibung, von Herrn Nebel unterzeichnet und von der Deutschen Botschaft beglaubigt, ferner die verschiedenen Antragsformulare für Herrn und Frau Nebel. […] Meine Klienten haben den allergrössten Teil der Wohnungseinrichtung verloren, die sie nicht in die Schweiz mitnehmen konnten und die sie einfach zurücklassen mussten. […] Das Wichtigste aber ist der Verlust der Bilder und Blätter meines Klienten. Obschon sie heute viel mehr Wert haben, haben wir einen Durchschnitt von RM. 50.- angenommen, was einem Total von RM. 25.000 entspricht. […] Die Einkommenszahlen können unsere Klienten nach so vielen Jahren nur noch aus der Erinnerung approximativ schöpfen. Das Wichtigste ist, dass ohne diese Störung ein rapider Anstieg des Ansehens des damals in Deutschland sehr geachteten und geschätzten Maler-Dichters Nebel erfolgt wäre.

Der Schweizer Rechtsanwalt Emil Raas in einem Brief an seinen Berliner Kollegen Arthur Prinz, 1959


Anlässlich Otto Nebels Bemühungen, nach Ende des Zweiten Weltkriegs von der Schweiz aus, und seit 1952 als Schweizer Staatsbürger, seine Ansprüche auf Wiedergutmachung bei der Bundesrepublik Deutschland geltend zu machen, verfasste der Dichter 1957 eine „Kurze Lebensbeschreibung“, der eine etwas längere Fassung mit dem Titel „Kurzer Lebensabriß der Eheleute Hildegard und Otto Nebel“ voranging. Nebel legt darin auf knappem Raum seine Beweggründe für die Flucht aus Deutschland dar, die er zum einen als „politisch“ und „weltanschaulich“ bezeichnet, zum andern aber ganz wesentlich auf seine Position als abstrakter Maler und expressionistischer Dichter im Kontext der als „entartet“ verfemten Kunst sieht. Nebels juristische Auseinandersetzungen mit der Bundesrepublik sollten sich bis 1964 hinziehen. Neben einer rückwirkend ab 1953 gewährten monatlichen Rente bekam das Ehepaar Nebel vom Entschädigungsamt in Berlin die gemessen am tatsächlichen Verlust an Hausrat, Kunstwerken und Büchern letztlich bescheidene Summe von 12.000 DM als Vermögensentschädigung zugesprochen. Dabei handelte es sich letztlich um einen Bruchteil der erhofften 50.000 DM, die der Berliner Rechtsanwalt Arthur Prinz und der Berner Fürsprecher Emil Raas, der sich in den 1930er-Jahren bereits bei den Schweizer Behörden für Else Lasker-Schüler eingesetzt hatte, angestrebt hatten. 1965 erhielt Nebel das Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland.

Weiterführende Literatur:
Braun, Bettina: „Gefrorene Zeit“. Das Exil und Exilwerk. In: Otto Nebel. Maler und Dichter. Hrsg. Von Therese Bhattacharya-Stettler, Steffan Biffiger und Bettina Braun. Werner: Bielefeld/Berlin: Kerber Verlag 2012, S. 216.

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