Erich Mendelsohn: Brief an seine Frau Luise vom 3. Februar 1933
Erich Mendelsohn: Brief an seine Frau Luise vom 3. Februar 1933
[…] Man will nicht alles aufgeben, im Stich lassen, klammert sich immer von neuem an jedes Telephongespräch, das eine Hoffnung andeutet. […]
Brief von Erich Mendelsohn an seine Frau Luise, 3. Februar 1933
Der umfangreiche und nahezu vollständig überlieferte Briefwechsel zwischen Erich und Luise Mendelsohn, geborene Maas, beginnt im Jahr 1910 kurz nach ihrer ersten Begegnung und endet mit dem Tod Mendelsohns 1953. Immer wieder waren die Eheleute – meist durch berufliche Verpflichtungen des erfolgreichen Architekten – räumlich getrennt und daher auf den schriftlichen Austausch angewiesen.
Von Mitte Januar bis Mitte Februar 1933 befand sich Luise Mendelsohn mit einer gerade verwitweten Freundin auf Urlaub in Südfrankreich. Das Paar musste daher in Briefen die persönlichen Folgen der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler ausloten. Luise Mendelsohn, in ihrem Ferienort ohne Zugang zu aktueller Berichterstattung, wartete täglich besorgt auf die Berichte ihres Mannes, der die politischen Lage pessimistisch einschätzte. Erschüttert und zugleich hellsichtig stellte er bereits am 3. Februar fest: „Wir dürfen uns durch die scheinbare Ruhe nicht täuschen lassen. Das Animalische der Bewegung wird sein Lebensrecht, sein Blutrecht verlangen - ein Blick in die Gesichter ihrer Vertreter spricht von eindeutiger Grausamkeit. Man kann dem Fanatismus nicht mit Gleichgültigkeit begegnen, der Auserwähltenidee nicht mit Zuvorkommenheit, dem Rassenhaß nicht mit Verachtung.“ Die einzige Lösung ist seiner Einschätzung nach, „diesem Kreis den Rücken [zuzu]kehren“. Ende März 1933 wird dieser Vorschlag Wirklichkeit: Die Mendelsohns verlassen Deutschland und kehren auch nach dem Krieg nicht mehr zurück.