Rechnung des Hotel Splendide in Marseille für Walter Mehring (1940)

Hotelrechnung: Walter Mehring in Marseille
Hotelrechnung des Hotel Splendide in Marseille für die Tage vom 28. September bis zum 1. Oktober 1940 auf den Namen des Schriftstellers Walter Mehring
Deutsches Exilarchiv 1933–1945 der Deutschen Nationalbibliothek, Akten des Emergency Rescue Committee, New York, EB 73/021, Personenakte Walter Mehring

Rechnung des Hotel Splendide in Marseille für Walter Mehring (1940)

Wir steckten Mehring im Splendide ins Bett. Der Arzt kam, sah ihn kurz an und schrieb dann ein sehr eindrucksvolles Attest. Es besagte nicht nur, daß Monsieur Mehring krank und somit unfähig war, wegen der Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis auf der Präfektur vorzusprechen, es bestätigte auch noch, daß Mehring nicht vor Mitte November in der Lage sein würde, sein Zimmer zu verlassen.

Varian Fry, Auslieferung auf Verlangen, 1945


Nach dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf Belgien, Holland und Frankreich rettete sich Walter Mehring wie zahllose andere Flüchtlinge in die unbesetzte Zone im Süden Frankreichs und kam nach einer mehrwöchigen Flucht in die überfüllte Stadt Marseille.

Hier traf Mehring auf den Amerikaner Varian Fry, der am 14. August 1940 dort angekommen war, um die Flüchtlingshilfe des Emergency Rescue Committee zu koordinieren. Ausgangspunkt für Frys Arbeit war dessen Zimmer im Hotel Splendide, wo er sich eine Art Büro einrichtete und von wo aus er versuchte, die Ausreise von gefährdeten und bedrohten Schriftstellern und Künstlern zu organisieren. 

Der erste Versuch, Walter Mehring über die französisch-spanische Grenze zur Flucht zu verhelfen, scheiterte. Mehring wurde verhaftet und in das Internierungslager St. Cyprien gebracht. Nachdem es Fry gelang, Mehrings Entlassung zu erwirken, verschaffte er ihm ein Attest, das ihn vor einer erneuten Verhaftung schützen sollte. Mehring verbrachte mehrere Monate fast ausschließlich im Hotel Splendide. In den Unterlagen des Emergency Rescue Committee sind mehrere Hotelrechnungen für Walter Mehring erhalten geblieben. Da Mehrings Name auf den Auslieferungslisten der Kundt-Kommission stand und er somit besonders gefährdet war, galt es, einen alternativen Fluchtweg zu finden. Im Februar 1941 erhielt er einen Platz auf dem Frachter Wyoming nach Martinique – eines der letzten Schiffe, das Frankreich verlassen konnte. Von dort reiste Mehring weiter in die USA.

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