Fotografie von Thomas und Katia Mann an der deutsch-deutschen Zonengrenze (1955)
Fotografie von Thomas und Katia Mann an der deutsch-deutschen Zonengrenze (1955)
Man gönne mir mein Weltdeutschtum und den vorgeschobenen Posten deutscher Kultur, den ich noch einige Lebensjahre mit Anstand zu halten suchen werde.
Thomas Mann, Deutsche Hörer!, Ansprache vom 30. Dezember 1945
Kurz vor seinem Tod am 12. August 1955 besuchte der fast achtzigjährige Thomas Mann noch einmal seine Vaterstadt Lübeck, der er 1901 mit seinem ersten großen Roman Buddenbrooks. Verfall einer Familie ein literarisches Denkmal gesetzt hatte. Bei dieser Gelegenheit besuchte er auch die deutsch-deutsche Grenze. Schon 1949 hatte er auf einer Vortragsreise verkündet, er „kenne keine Zonen“ und sein Besuch gelte demnach „Deutschland selbst, Deutschland als Ganzem, und keinem Besatzungsgebiet“. Dass er zum 200. Geburtstag Goethes sowohl in Frankfurt als auch in Weimar gesprochen hatte, wurde ihm in Teilen der westdeutschen Öffentlichkeit übel genommen.
Der versöhnliche Empfang in Lübeck, wo Thomas Mann zum Ehrenbürger ernannt wurde, stellte in seinen Augen dann jedoch den „späten und endgültigen Frieden“ mit jener Heimat her, die ihn einst ins Exil gezwungen hatte. Anlässlich seines runden Geburtstages im Juni 1955 wurde der Schriftsteller mit Ehrungen und Feierlichkeiten überhäuft. Die publizistische Aufmerksamkeit nutzte er in seinem letzten Essay Versuch über Schiller zu einer nachdrücklichen Mahnung „zum Schönen, Wahren und Guten, zur Gesittung, zur inneren Freiheit, zur Kunst, zur Liebe, zum Frieden, zu rettender Ehrfurcht des Menschen vor sich selbst“.