Thomas Mann: Doktor Faustus, Erstausgabe (1947)

Umschlagvorderseite: Doktor Faustus
Umschlagvorderseite der europäischen Erstausgabe von Thomas Manns Doktor Faustus, erschienen 1947 im Bermann-Fischer Verlag, Stockholm
Antiquariat Dr. Haack, Leipzig, mit freundlicher Genehmigung von Frido Mann, © S. Fischer Verlage, Frankfurt am Main

Thomas Mann: Doktor Faustus, Erstausgabe (1947)

In diesem Stoff schoß alles zusammen, das Private wie das Öffentliche, die routinierte Pflege der alten Wunden und das hohe Ethos des Kampfes gegen Hitler. Der Ur-Kram kommt wieder herauf. Wieder haben wir eine Geschichte, in der ein Künstler an der Heimsuchung durch die Liebe scheitert … der zweite Grund ist die Rache an München. Die ihn [Mann] vertrieben hatten, konnten nun in die Vorgeschichte des Faschismus einmontiert werden.

Hermann Kurzke, Thomas Mann. Das Leben als Kunstwerk, 2006


Thomas Manns großes Alterswerk Doktor Faustus erschien 1947 im emigrierten Verlag Bermann-Fischer in Stockholm. Mit seinem Roman, an dem er seit 1943 im kalifornischen Exil gearbeitet hatte, setzte Mann nach dem Abschluss seiner Joseph-Tetralogie das langgehegte Vorhaben einer eigenen Gestaltung des Faust-Stoffes um.

Erzählt wird die Lebensgeschichte des 1885 geborenen deutschen Tonsetzers Adrian Leverkühn, der sich in einem Pakt mit dem Teufel die Gabe der musikalischen Genialität um den Preis der Entsagung wärmender Liebe erkauft. Die Handlung ist mit zahlreichen Verweisen auf Manns eigene Biografie sowie die politisch-gesellschaftlichen Zustände im Deutschland der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts angereichert. Nicht umsonst schließt der Roman mit dem Entgleiten des Protagonisten in den Wahnsinn – einem Prozess der psychischen Entmündigung, der zeitlich mit der gesellschaftlichen Etablierung des Nationalsozialismus zusammenfällt.

Über die Arbeit an seinem Roman, bei dem ihm Theodor W. Adorno wichtige musiktheoretische Hilfestellung leistete, berichtet Thomas Mann eingehend in seiner Begleitschrift Die Entstehung des Doktor Faustus (1949). In seiner in der Library of Congress gehaltenen Rede Deutschland und die Deutschen (1945) nimmt er aus Anlass des Kriegsendes auf die zeithistorischen Hintergründe des entstehenden Romans Bezug und analysiert sie im Kontext der deutschen Ideengeschichte: „Heruntergekommen auf ein klägliches Massenniveau, das Niveau eines Hitler, brach der deutsche Romantizismus aus in hysterische Barbarei, in einen Rausch und Krampf von Überheblichkeit und Verbrechen, der nun in der nationalen Katastrophe, einem physischen und psychischen Kollaps ohnegleichen, sein schauerliches Ende findet.“

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