Thomas Mann: Briefwechsel mit der Philosophischen Fakultät der Universität Bonn (1936/1937)
Thomas Mann: Briefwechsel mit der Philosophischen Fakultät der Universität Bonn (1936/1937)
Ich habe es mir nicht träumen lassen, es ist mir nicht an der Wiege gesungen worden, daß ich meine höheren Tage als Emigrant, zu Hause enteignet und verfehmt, in tief notwendigem politischen Protest verbringen würde.
Thomas Mann, Brief an den Dekan der Philosophischen Fakultät der Universität Bonn, Neujahr 1937
Im Dezember 1936, wenige Tage vor Weihnachten, erhielt Thomas Mann in seinem schweizerischen Exil ein Schreiben des Dekans der Rheinischen Friedrich Wilhelms-Universität Bonn, das ihn über die Aberkennung seines Ehrendoktortitels informierte. Der Schritt wurde mit dem kurz zuvor erfolgten Entzug der deutschen Staatsbürgerschaft begründet. Mann nutzte die Gelegenheit zu einem offenen Erwiderungsbrief, in dem er scharf mit dem nationalsozialistischen Regime in Berlin ins Gericht ging: „Der einfache Gedanke daran, wer die Menschen sind, denen die erbärmlich-äußerliche Zufallsmacht gegeben ist, mir mein Deutschtum abzusprechen, reicht hin, diesen Akt in seiner ganzen Lächerlichkeit erscheinen zu lassen. [...] Deutschland soll ich beschimpft haben, indem ich mich gegen sie bekannte! Sie haben die unglaubwürdige Kühnheit, sich mit Deutschland zu verwechseln!“
Manns offener Brief wurde gemeinsam mit dem Aberkennungsschreiben aus Bonn am 15. Januar 1937 durch den Zürcher Verleger Oprecht unter dem Titel Ein Briefwechsel veröffentlicht. Die Schrift fand innerhalb kurzer Zeit internationale Verbreitung und wurde in mehrere Sprachen übersetzt. Im nationalsozialistischen Deutschland gelangte sie in einer Tarnausgabe mit dem Titel Briefe deutscher Klassiker. Wege zum Wissen illegal in Umlauf. Auch durch die Verlesung im Radio machte Thomas Mann sein Erwiderungsschreiben einer breiten Öffentlichkeit zugänglich.