Oskar Kokoschka: Loreley, Gemälde (1941)
Oskar Kokoschka: Loreley, Gemälde (1941)
Ich malte damals eine Reihe von „politischen“ Bildern, nicht weil ich politisch engagiert gewesen wäre, sondern in der Absicht, die Augen anderer zu öffnen dafür, wie ich den Krieg ansah.
Oskar Kokoschka, Mein Leben, 1971
Der Maler Oskar Kokoschka verbrachte auf Einladung eines Freundes den Sommer 1941 an der schottischen Küste. Dort entstanden Naturskizzen und Aquarelle, die der Maler nach seiner Rückkehr in London weiter bearbeitete. Aus einem einst zarten Aquarell wurde dieses drastische Gemälde, aus der Landschaft erwächst eine politische Allegorie. Dieses Verfahren hat Kokoschka häufig angewendet.
Zunächst ergänzte Kokoschka das Bild um einen Hai im unteren Bildbereich, auf dem eine dicke Frau sitzt. Durch ihre Krone und einen roten Umhang macht Kokoschka deutlich, dass er Königin Victoria meint. Sie stopft einen Matrosen in das weit geöffnete Maul des Fisches. In der Mitte des Bildes ist ein Oktopus erkennbar, der einen Dreizack davonträgt. Der Dreizack ist das Symbol der britischen Seeherrschaft, der Oktopus hat der Königin den Dreizack und damit die Seeherrschaft entrissen.
Das Bild ist eine Anspielung auf den beginnenden Seekrieg und die englische Flüchtlingspolitik. Konkret liegt dem Bild die Versenkung des englischen Schiffs Arandora Star zugrunde. Es war im Juli 1940 im Auftrag Großbritanniens mit Flüchtlingen, die als feindlich galten, unterwegs nach Kanada, wo sie interniert werden sollten. Bei dem Angriff durch ein deutsches U-Boot kamen über 800 Menschen ums Leben.
Mit dem Titel Loreley spielt Kokoschka weissagend und doppeldeutig auf die Legende von den Rheinschiffern an, die am Loreley-Felsen zerschellten, weil sie, betört von der Nixe auf dem Felsen, nicht mehr auf den Kurs achteten.