Wassily Kandinsky: Parties diverses, Gemälde (1940)
Wassily Kandinsky: Parties diverses, Gemälde (1940)
Als ich nach Paris übersiedelte, war ich vom hiesigen Licht und der hiesigen Natur so erschüttert, dass ich mir keine fremden Bilder ansehen wollte und fast zwei Monate nicht malen konnte. […] Paris mit seinem wunderbaren (stark-weichem) Licht hat meine „Palette“ gelockert – es kamen andre Farben, andre Formen ganz neu, manche habe ich verwendet, die ich mal vor Jahren verwendete. Natürlich das alles unbewusst.
Wassily Kandinsky an Alfred Barr, 16. Juli 1936
Als Wassily Kandinsky im Dezember 1933 Deutschland mit Hab und Gut verließ, tat er diesen schwerwiegenden Schritt nicht zum ersten Mal. 1914 war er, damals noch russischer Staatsbürger, als Angehöriger einer „feindlichen“ Nation ausgewiesen worden. Verglichen damit ging der Fortzug nun überlegt und geordnet vonstatten. In Neuilly-sur-Seine nahe Paris angekommen, verlor Kandinsky aber zunächst für Wochen die Muße zum Malen.
Erst nach einer Eingewöhnung entstanden im Februar 1934 neue Werke. Sie erhielten französische Titel. Nicht nur in dieser Hinsicht veränderte sich Kandinskys Kunst im Exil, wie sich beispielhaft an Parties diverses aus dem Jahr 1940 nachvollziehen lässt. Auf jenem Gemälde sind es weniger die Bestandteile an geometrischen Formen wie Kreis, Dreieck und Quadrat, die ins Auge stechen, als vielmehr zahlreiche phantasievolle Mischwesen. Diese Tendenz zur Darstellung von Organismen, wozu den Künstler nachweislich auch naturwissenschaftliche Lektüre anregte, ist eines der Kennzeichen während seiner Emigrationszeit.
Bemerkenswert ist ferner die Farbigkeit des Bildes. Kandinskys Tonalität weckt Assoziationen zum asiatischen Kulturkreis. Deswegen wurde von der kunstgeschichtlichen Forschung immer wieder thematisiert, ob der in Russland geborene Künstler während seiner Exilzeit nicht einstige Prägungen reaktiviert habe. Für die Exilforschung ergeben sich daraus Fragestellungen nach Heimat und Identität, die auch bei den Werken eines vermeintlich von der Außenwelt weitgehend unabhängigen abstrakten Malers wie Kandinsky Sinn und Berechtigung haben.