Wassily Kandinsky: Brief an Familie Lührs (29. Dezember 1936)

Brief: Kandinsky an Lührs
Brief von Wassily Kandinsky an Familie Lührs, Neuilly sur Seine, 29. Dezember 1936
Nürnberg, GNM, DKA, NL  Grote, Ludwig, I, B-221

Wassily Kandinsky: Brief an Familie Lührs (29. Dezember 1936)

Obwohl mein bester "Markt" in Amerika liegt, habe ich kein Verlangen nach diesem Land – meine Frau ebenso wenig.

Wassily Kandinsky an Familie Lührs, 29. Dezember 1936


Während seines Pariser Exils dachte Wassily Kandinsky immer wieder darüber nach, in die USA weiterzuziehen. Dort war seine Kunst sehr gefragt. Über seinen Freund Josef Albers erreichte ihn 1935 eine konkrete Einladung ans Black Mountain College nahe Asheville in North Carolina. Kandinsky tat den Schritt über den Atlantik jedoch nicht. Ende 1936 erklärte er dies in einem Brief an Freunde aus Bauhaus-Zeiten.

Die Familie von Armin Lührs hatte geglaubt, Nina Kandinsky auf einem amerikanischen Foto erkannt zu haben. Kandinsky wiegelte ab. Dies konnte nicht sein. Zu solch „neuen Wanderungen“ verspüre er nämlich keine Lust, wenn er auch wohlgemerkt aktuell Stadtgespräch bei Hollywoods Schauspielerinnen sei. Eventuell würde er sich „das Riesenland“ Amerika einmal anschauen. Es mit seinem Wohnort Neuilly sur Seine bei Paris auf Dauer zu vertauschen, wollte er nicht. Sein Beweggrund war eher Empfindung als Überzeugung: „Es ist eben Paris, wo einen vieles ärgert, wo man vieles auszusetzen hat, und wo es doch schön ist.“ Die inneren Gegensätze der französischen Metropole faszinierten und inspirierten den Künstler – „trotz aller möglichen Mängel“ seines französischen Exils.

Wie der Brief erwähnt, unternahm das Ehepaar Kandinsky aber von Paris aus Reisen innerhalb Europas. Im Jahr 1936 hatten sie Italien besucht. Das anstehende Silvesterfest planten Nina und Wassily Kandinsky für sich allein zu verbringen. Bei einem Glas Champagner wollten sie Radio hören und Glockengeläut aus ihrer früheren Heimat Deutschland lauschen.

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