Telegramm von Siegfried Unseld an Uwe Johnson, 13. Juli 1959

Telegramm: Siegfried Unseld an Uwe Johnson, 13. Juli 1959
Telegramm des Suhrkamp-Verlegers Siegfried Unseld an Uwe Johnson, 13. Juli 1959
© Uwe Johnson-Archiv Rostock (Depositum der Johannes und Annitta Fries Stiftung) UJA/H/110145, Peter Suhrkamp Stiftung

Telegramm von Siegfried Unseld an Uwe Johnson, 13. Juli 1959

[…] für mich ist Ostdeutschland eine Ansammlung von Erfahrungen und Einsichten, die aufgeben zu müssen mir sehr leid tat.

Uwe Johnson im Gespräch mit Michael Roloff (1961)


Wie mit Peter Suhrkamp zwei Jahre zuvor verabredet, schickte der Schriftsteller Uwe Johnson das Manuskript seines zweiten Romans Anfang 1959 nach Frankfurt am Main.

Doch der Verlagsgründer kam nicht mehr dazu, Mutmassungen über Jakob zu lesen, er starb am 31. März. Sein Nachfolger Siegfried Unseld, der maßgeblich dafür gesorgt hatte, dass das Erstlingswerk Johnsons vom Suhrkamp Verlag abgelehnt worden war, übernahm daraufhin die Vertragsverhandlungen mit dem jungen Schriftsteller. Der hatte sich, entgegen des ursprünglich mit Suhrkamp verabredeten Plans, das Buch unter Pseudonym erscheinen zu lassen, für eine Veröffentlichung unter seinem richtigen Namen und damit zugleich für einen „Umzug“ in die Bundesrepublik Deutschland entschieden. Und Unseld, von dem neuen Manuskript überzeugt, unterstützte ihn in seinem neuen Leben nach Kräften.

Johnson reiste am 10. Juli 1959 nach West-Berlin aus, drei Tage später erhielt er ein Begrüßungstelegramm von Unseld, am 15. Juli die Druckfahnen. Der Adressat antwortete am 20. Juli, seinem 25. Geburtstag. In seinem Brief beschreibt er diesen bedeutsamen Ortswechsel betont unaufgeregt: „Der Umzug begab sich durchaus bürgerlich, und sollte ich nur einen rechten Schuh mitgebracht haben, so kam der linke gleich an aus Steglitz (oder aus Spandau): ich konnte sogar Besuch haben am ersten Abend. Der Besuch sah Ihr Telegramm auf dem Tisch und fand es da verblüffend freundlich, ich meine fürsorglich und so, hätten Sie das etwa nötig gehabt?! Also, und ob ich mich schon telegrafisch bedankt hätte. Ich hatte nicht, ich war auf Expeditionen.“

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