George Grosz: Interregnum, Mappe mit Lithografien (1935)
George Grosz: Interregnum, Mappe mit Lithografien (1935)
Arbeite viel, habe auch mehrere „politische“ Blätter gemacht mit Hitlermanns Konzentrationslagerszenerien und so – marschierende SA ... Greuelszenen – sie erheben einen Anspruch auf eine gewisse innere Wahrhaftigkeit – Notizen zur Zeit – das ist alles – kann das aber hier nicht ausstellen – will das auch gar nicht...
George Grosz in einem Brief an Wieland Herzfelde am 8. März 1935
Drei Jahre nach seiner dauerhaften Übersiedlung in die USA Anfang 1933 veröffentlichte der Maler und Zeichner George Grosz mit der Mappe Interregnum eine seiner letzten Arbeiten, die direkt an seine politischen Werke in der Weimarer Republik anknüpften. Für die Mappe stellte Grosz Zeichnungen zusammen, die zwischen 1928 und 1935 entstanden waren. Mit dem Titel Interregnum gab der Maler zu verstehen, dass er die Zwischenkriegszeit als genau diese verstand: Als Übergang in den nächsten, katastrophalen Krieg.
In der Mappe versammelte Grosz Werke, die diese Zeit charakterisierten. Christus mit der Gasmaske, das er bereits 1927 gezeichnet und unter dem Titel Maul halten und weiter dienen veröffentlicht hatte, brachte ihm und seinem Verleger Wieland Herzfelde damals eine Anklage wegen Gotteslästerung ein.
Grosz selbst porträtiert sich in Interregnum auf Blatt 4 und Blatt 62 zweimal als Wanderer, der durch eine unwirtliche, morastige Gegend schreitet. Ebenfalls als Selbstporträt kann Blatt 5 The voice of reason (Die Stimme der Vernunft) angesehen werden: Der Künstler kämpft mit stumpfen Waffen gegen den übermächtigen Nationalsozialismus an. Mehrere Blätter der Mappe widmete Grosz der Verhaftung und Ermordung von Erich Mühsam. Eindrücklich stellt Grosz die Verhaftung von Mühsam in Blatt 45 A writer is he? (Schriftsteller, was?) dar.
Die Mappe wurde ein Misserfolg, Kritikern fehlte die Bissigkeit aus Grosz’ Werken seiner Berliner Zeit, und beim amerikanischen Publikum kam der Zeichenstil des Künstlers nicht an.