Alexander Granach: Brief an Lotte Lieven, vermutlich Hollywood (7. September 1941)

Brief: Alexander Granach
 Brief von Alexander Granach an Lotte Lieven, vermutlich Hollywood, 7. September 1941
Akademie der Künste, Berlin, Archiv Darstellende Kunst, Sig: 428, © Ölbaum Verlag

Alexander Granach: Brief an Lotte Lieven, vermutlich Hollywood (7. September 1941)

So mein liebes Weib, das sind die kindlichen Betrachtungen Deines Östlers im goldenen Westen an einem etwas düsteren kalifornischen, aber friedlichen Sonntagnachmittag. Aber vernimm diesen Seufzer als ehrlichen Ausdruck meiner Sehnsucht nach Dir, dem einzigen Menschen in dieser Welt, der mir Heimat bedeutet.

Alexander Granach, Brief an Lotte Lieven, 07. September 1941


Über 300 Briefe in elf Jahren schrieb der Schauspieler Alexander Granach aus dem Exil an seine große Liebe, die Schauspielerin Lotte Lieven. Sie nahm gerade Schauspielunterricht in München, Granach war erster Charakterschauspieler am Schauspielhaus München, als die beiden einander 1920 begegneten und sich in ineinander verlieben. Nach Granachs Emigration 1933 hat Lotte Lieven ihn nur zweimal gesehen: bei einem Besuch in Moskau im Sommer 1936 und während Granachs Aufenthalt in der Schweiz. Vermutlich folgte Lotte Lieven Granach zunächst nicht ins Exil, weil sie ihre pflegebedürftige Mutter nicht allein lassen konnte. Später verhinderte der Ausbruch des Zweiten Exils die Pläne für ein gemeinsames Leben in den USA.

Alltägliche Probleme und Sorgen des Exils werden in dem Briefwechsel besprochen. Granach berichtet von Mitemigranten, die ihn um Geld gebeten haben, sobald er eine Rolle erhalten hatte. Die Mühen, die er mit dem Erlernen der englischen Sprache hatte, sind immer wieder Thema der Briefe. Auch Tratsch aus der kalifornischen Emigrantengemeinschaft, beispielsweise über die Ehefrauen des Regisseurs Erwin Piscator und des Schriftstellers Heinrich Mann, wird ausgetauscht.

Ein Motiv, das wiederholt in den Briefen auftritt, ist die Heimat. Wie der Schauspieler in diesem Brief schreibt, ist Lotte Lieven der einzige Mensch auf der Welt, der ihm Heimat bedeutet. Heimat definiert sich hier nicht geografisch, sondern über persönliche Beziehungen. Seine Briefe beginnen mit verschiedenen Variationen der in diesem Brief gewählten Ansprache, „Mein liebes Stück Heimat“ oder „Meine liebe Heimat“.

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