Tschechoslowakischer Fremdenpass für Oskar Maria Graf (1938)
Tschechoslowakischer Fremdenpass für Oskar Maria Graf (1938)
Ach, das schmerzte mich wirklich, denn bei mir ists ja leider so, daß ich nirgends hinkommen kann, weil ich nicht einmal ein gültiges Papier habe – keinen Paß mehr, staatenlos, ja noch nicht einmal für Brno, wo ich immerhin schon drei volle Jahre lebe, eine polizeiliche Aufenthaltsgenehmigung! Das ist bitter. Wie lange wird das wohl dauern.
Oskar Maria Graf an Isabella Grünberg, 1937
Oskar Maria Graf war von seiner Ausbürgerung aus dem Deutschen Reich am 30. März 1934 bis zur Verleihung der amerikanischen Staatsbürgerschaft im Jahr 1958 vierundzwanzig Jahre lang staatenlos. Zwar wurde er in seinen Exilländern Tschechoslowakei und USA geduldet, doch weder konnte er in andere Länder einreisen, noch konnte er davon ausgehen, nach erfolgtem Grenzübertritt in sein Exilland zurückkehren zu können. Da ihm die USA nach 1945 ein Re-Enter-Permit verweigerten, musste er bis 1958 warten, um erstmals nach Europa reisen zu können.
Auch in der Tschechoslowakei lebte Graf bis zur Erlangung des vorliegenden Fremdenpasses vier Jahre lang ohne Papiere oder polizeiliche Aufenthaltgenehmigung. Obwohl das Land, das seit 1933 zahllosen Exilanten als Zufluchtsort diente, die liberalste Asylpolitik Europas verfolgte, verhielt man sich aufgrund des Drucks aus Deutschland vorsichtig gegenüber politisch aktiven Emigranten wie Graf.
Den nur für ein Jahr gültigen Emigrantenpass erhielt Graf, als er bereits seine Übersiedelung in ein anderes Asylland plante, möglicherweise erhielt er den Ausweis nur deshalb. Die Stempel des Prager Flughafens Praha-Ruzyně und der Rotterdamer Hafenpolizei vom Tag seiner Überfahrt von Rotterdam nach New York am 12. Juli 1938 sind die einzigen Eintragungen. Das Affidavit für die USA erhielt Oskar Maria Graf von seinen schon früher nach Amerika ausgewanderten Geschwistern Nanndl und Lorenz.