Lion Feuchtwanger: Beim Diktat, Film (1956)
Lion Feuchtwanger: Beim Diktat, Film (1956)
Er diktierte grundsätzlich seiner Sekretärin, und zwar stundenlang alles, was ihm durch den Kopf ging, die Pläne zu einem neuen Roman, die verschiedenen Möglichkeiten, Teile eines Kapitels, Bruchstücke, Sätze, Erinnerungen an seine Zeitungslektüre oder an gestrige Gespräche, Klatsch, [...] Charakterskizzen der Romanfiguren oder der deutschen Dichter in Sanary, was Feuchtwanger gerne zum Abendessen bekäme und seine Meinung übers Wetter [...].
Hermann Kesten: Meine Freunde, die Poeten, 2006
Der Film dokumentiert, wie der Schriftsteller Lion Feuchtwanger seiner Sekretärin Hilde Waldo seinen letzten Roman Jefta und seine Tochter diktiert, der 1957 veröffentlicht wurde. Alle Romane, die Feuchtwanger von 1941 bis zu seinem Tod im Jahr 1958 in Pacific Palisades verfasste, entstanden auf diese Art. Nach der Morgengymnastik diktierte Feuchtwanger in dem Arbeitszimmer seiner geräumigen Villa die verschiedenen Versionen der Romankapitel, die seine Sekretärin in den Abendstunden abtippte.
Für viele der exilierten Schriftsteller lag diese Arbeitsweise außerhalb ihrer finanziellen Möglichkeiten. Feuchtwangers Romane hingegen waren auf dem amerikanischen Buchmarkt erfolgreich. Große Buchgesellschaften wie der Book-of-the-Month-Club vertrieben seine Bücher.
Direkt nachdem Feuchtwanger die aus Berlin stammende Exilantin Hilde Waldo 1942 eingestellt hatte, zeigte das FBI Interesse an ihr. Mehrere Kontakte zwischen Waldo und dem FBI sind belegt. Als Linksintellektueller, der zwischen 1936 und 1937 in die stalinistische Sowjetunion gereist war, betrachteten die US-Behörden Feuchtwanger mit Misstrauen. Wie etwa auch sein Kollege Bertolt Brecht wurde Feuchtwanger vom FBI beobachtet.